Impfstart für Obdachlose in Berlin: Erst mal abwarten
Berlins Obdachlose können sich jetzt impfen lassen. Doch das Vakzin von AstraZeneca wird auch bei dieser Gruppe wenig nachgefragt.
BERLIN taz | AstraZeneca hat weiterhin Imageprobleme. Vielen Menschen erscheint der Impfstoff gegen Corona noch immer als B-Ware. Bereits seit Mittwoch können sich in Berlin auch Obdachlose damit impfen lassen: Die Nachfrage hält sich bislang aber noch in Grenzen. Und das liegt offenbar auch an dem schlechten Ruf des Vakzins.
Am Freitag geben Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) und Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) vor einer Obdachlosenunterkunft in Prenzlauer Berg den offiziellen Startschuss für diese Impfaktion. An Festzeltgarnituren sitzen sie der Presse gegenüber, Schatten spendet der graue Plattenbau der Notunterkunft. Im sechsten Stock gibt es dort jetzt eine sogenannte Impfinsel.
Medizinisch geschultes Personal verspritzt den AstraZeneca-Impfstoff. Von den 100 Bewohner:innen haben sich bislang aber erst rund 30 impfen lassen, heißt es vom Betreiber der Unterkunft.
Auch Sozialsenatorin Breitenbach lässt durchblicken, dass viele Obdachlose das Angebot mit Vorsicht betrachten: „Wie in der gesamten Gesellschaft gibt es auch hier Vorbehalte gegenüber der Impfung.“ Die Menschen zu überzeugen bleibe eine Herausforderung.
Imageproblem verschärft
Das Imageproblem hatte AstraZeneca schon bevor die Impfungen Mitte März bundesweit wegen möglicher Nebenwirkungen gestoppt wurden. Schließlich hat es sich noch einmal verschärft: Gerade weil so viele Impfdosen in Berlin ungenutzt blieben, hatte Breitenbach erklärt, auch Obdachlosen ein Angebot machen zu wollen.
Der Impfstoff AstraZeneca soll für bis zu 3.000 obdachlose Personen bereitgestellt werden. Die Impfungen finden außer in Obdachlosenunterkünften in Ambulanzen der Wohnungslosenhilfe statt. Wie die Senatsverwaltung für Soziales mitteilt, sollen alle obdachlosen Menschen, die geimpft werden wollen, auch eine Impfung erhalten.
Obdachlose Menschen gehören zur Prioritätsgruppe zwei und gelten damit als besonders gefährdeter Teil der Gesellschaft. Eine Impfung verspricht zumindest etwas mehr Sicherheit, basiert aber auf Freiwilligkeit. Daniel S. gehörte zur ersten Gruppe der Bewohner:innen der Unterkunft, die am Mittwoch geimpft wurde. Besorgniserregend findet er, dass viele nicht zur Impfung bereit seien: „Manche Leute hier glauben an Verschwörungstheorien und wollen deshalb keine Impfung.“
Ein anderer Bewohner erzählt, dass er und viele andere für eine Impfung zwar offen seien, aber erst mal noch abwarten möchten. Er wolle sicher sein, dass es wirklich keine Nebenwirkungen des Impfstoffs gebe.