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Werbung für den KlimaschutzLicht ist Leben

Im Dunklen aber spart man Energie. Ein Zeichen für Klimaschutz. Ein paar erhellende Berliner Beobachtungen zur Earth Hour am Samstag.

Dunkles Berlin: Das Brandenburger Tor während der Earth Hour 2020 Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | Wahrscheinlich bin ich nie wieder in meinem Leben so müde gewesen wie 2005 bei diesem Stromausfall in Manila. Bei einem Taifun hatte eine umgefallene Palme die Stromkabel zu unserem Haus durchtrennt, wegen des extremen Wetters war kein Handwerker zu bekommen. Um sechs Uhr geht in den Tropen die Sonne unter, um acht Uhr war es im ganzen Haus zappenduster, und obwohl wir alle Kerzen, die wir im Haushalt hatten, angezündet hatten, konnte ich um neun Uhr kein Auge mehr aufhalten.

Eine faszinierende Erfahrung: Kaum gibt es keine künstliche Beleuchtung mehr, findet der Körper zu einem jahrtausendealten Rhythmus zurück und schaltet sich ab, sobald er kein Licht mehr wahrnimmt. Selbst eine Nachteule wie ich, die sonst dank elektrischen Lichtquellen bis lange nach Mitternacht in Aktion ist, kann sich dem nicht entziehen. Künstliches Licht hat seit dem 19. Jahrhundert eine neue, vom Biorhythmus des Menschen unabhängige Arbeits- und Freizeitwelt möglich gemacht – aus der man sich am Samstag für eine Stunde ausklinken kann.

Am 27. März ist nämlich um halb neun wieder „Earth Hour“. Wer ein Zeichen für Energiesparen und Umweltschutz setzen will, schaltet für eine Stunde das Licht aus, sitzt im Dunkeln und denkt an den Klimawandel. Dann gilt wieder Brechts Sotisse aus der „Dreigroschenoper“: „Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“

Earth Hour ist eine globale Umweltbewegung, die vom World Wide Fund for Nature (WWF) organisiert wird und die dazu beitragen soll, konkrete Maßnahmen für die Umwelt zu ergreifen. Die Aktion nahm 2007 in Sydney in Australien – wo gerade in wenigen Tagen mehr Regen als sonst in einem Jahr heruntergekommen ist – ihren Ausgang. Heute beteiligen sich über 7.000 Städte und mehr als 190 Länder an der Aktion, selbst auf der Internationalen Raumstation im Weltall soll an dem Abend überflüssiges Licht ausgeschaltet werden.

Mal aktiv das Licht ausknipsen

Earth Hour: Am 27. März findet die Earth Hour statt, mit der ein globales Zeichen für den Klimaschutz gesetzt werden soll. Mitmachen dabei ist wirklich einfach, man muss nur um 20.30 Uhr Ortszeit das Licht für eine Stunde ausknipsen.

In Berlin: Auch in Berlin beteiligt man sich an dieser symbolischen Aktion, zu der die Umweltschutzorganisation WWF aufruft. So sollen an dem Tag von 20.30 Uhr an unter anderem das Brandenburger Tor, das Berliner Rathaus und Schloss Britz eine Stunde lang nicht mehr so wie sonst im Licht stehen, um mit dem Dunkel ein Zeichen zu setzen.

Erstmals sollen in diesem Jahr auch die sozialen Medien einbezogen werden: Der WWF verschickt im Rahmen des „Earth Hour Virtual Spotlight“ Videos zum Thema, die die Teilnehmer weiterverbreiten sollen – angesichts der Energiemengen, die Datenübertragung und Videostreaming verbrauchen, mög­licherweise nicht unbedingt eine Aktion, die dem ursprünglichen Sinn der Earth Hour entspricht.

Während man an dem Abend im Dunkeln sitzt, kann man darüber meditieren, was für eine Rolle das Licht bei der Entwicklung der urbanen Zivilisation und besonders für Berlin als Großstadt bedeutet. Auch wenn Paris als die ville lumière, also die „Stadt des Lichts“, gilt und „München leuchtet“, ist die Straßenbeleuchtung durch Gaslaternen, die in Berlin Unter den Linden 1826 erstmals installiert wurde, ebenso für die Wahrnehmung als Metropole bedeutsam wie später die Leuchtreklamen am Tauentzien oder ander Friedrichstraße.

Zuvor war es nicht nur in Berlin nachts einfach sehr dunkel: Wer sich in der Nacht durch die Stadt bewegen wollte, musste sich einen Laternenträger mieten, der einem heimleuchtete. Ansonsten wanderte nur der Nachtwächter durch die Stadt und achtete auf verräterischen Lichtschein, der den Ausbruch eines Feuers verriet. Denn auch im Haus war Beleuchtung nur mit offenem Licht möglich. Unbeaufsichtigte Lichter legten oftmals ganze Städte in Schutt und Asche.

Ab 1679 begann man, in Berlin eine Laterne vor „jedem dritten Haus“ aufzuhängen, um Licht ins Dunkel zu bringen. An Festtagen wurden gelegentlich „Illuminationen“, also Feuerwerke, veranstaltet.

Die Gaslaternen und die im Mai 1882 erstmals installierte elektrische Straßenbeleuchtung beleuchteten übrigens Bürgersteig und Straße gleichermaßen, während die Bogenlampen, die in der Nachkriegszeit aufgestellt wurden, vor allem die Fahrbahn für den Autoverkehr hell machen, während der Fußweg im Dunkeln bleibt.

Ein in Literatur und Malerei oft verewigtes Motiv sind die Leuchtreklamen, die in Berlin ab 1883 gebaut wurden. Im Jahr 1928 fand eine Art Stadtbeleuchtungsfestival mit dem Titel „Berlin im Licht“ statt, ein viertagiges Spektakel aus illuminierter Großstadtnacht und Leuchtreklamen, das von der Berliner Wirtschaft ausgerichtet und bezahlt wurde. Höhepunkt war eine Lichtinstallation von Osram am Großen Stern, bei der der Slogan „Licht ist Leben“ hell leuchtete. Bei Kurt Weill wurde der Song „Berlin im Licht“ in Auftrag gegeben. Das Ganze ließ den Stromverbrauch auf 120.000 kWh pro Tag steigen.

2007 ergab eine Berechnung des Öko-Instituts im Auftrag der taz zum ersten Earth Day, dass deutschlandweit etwa 343 Tonnen CO2 gespart würden, wenn 50 Prozent der deutschen Haushalte für fünf Minuten das Licht ausschalten. Bei „Berlin im Licht“ 1928 dachte freilich noch niemand an die Umwelt. Ein Journalist schrieb, die Straßen der Hauptstadt müssten in Zukunft immer so hell erleuchtet werden wie bei der Veranstaltung. Denn: „Die Nacht ist die Rechtfertigung der Großstadt.“

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