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„Gerade ist nicht die Zeit für Perfektionismus“

„Wir sehen nach wie vor die ganze Bandbreite an psychischen Herausforderungen. Schon während des ersten Lockdowns hörten wir vermehrt von Konflikten in Partnerschaften oder auch in den Familien. Studierende, die ja schon im Ablösungsprozess vom Elternhaus sind und sich ein eigenständiges Leben am Hochschulort aufgebaut haben, sind während des Onlinesemesters wieder zu den Eltern gezogen, was nicht selten alte Konflikte zutage fördert. Wir haben auch beobachtet, dass sich besonders für Studierende mit weniger privilegiertem Hintergrund die Situation oft verschlechterte. Zum Beispiel weil Nebenjobs nicht mehr wie gewohnt ausgeführt werden können.

Der zweite Lockdown ist für viele Studierende psychisch noch herausfordernder als der erste, da gerade kein richtiges Ende in Sicht scheint. Das macht hilflos und demotiviert. Es zeichnet sich ab, dass manche Studierende den gesamten Studiengang online erleben werden und viel verpassen, was zur Erfahrung eines Studierendenlebens dazugehört – neue Freundschaften, gemeinsames Lernen und Feiern.

Viele der Ratschläge, die wir geben, klingen im Prinzip recht einfach, fallen aber doch manchmal schwer in der Umsetzung. Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit und Einsamkeit sollte man entgegenwirken. Besonders wichtig ist ein strukturierter Tag. Es kann helfen, einen Plan zu schreiben und darin Vorlesungszeiten, Freizeitaktivitäten, Lernphasen und Mahlzeiten festzuhalten. Auf gedanklicher Ebene sollte man sich klarmachen, dass gerade nicht die Zeit für Perfektionismus ist und dass es okay ist, keine Bestnoten abzuliefern und länger fürs Studium zu brauchen. Milde mit sich selbst ist gefragt. Man muss seine Zeit auch nicht immer produktiv nutzen. Es ist in Ordnung, wenn man sich während einer weltweiten Pandemie eine Pause gönnt und keine neue Fremdsprache oder Sportart lernt.“

Bianca Beiderbeck, Psychotherapeutische und Psychosoziale Beratung des Studentenwerks München, protokolliert von Daniel Böldt

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