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Apotheken in der PandemieDas Geschäft mit den Masken

Viele Apotheken machen derzeit satte Gewinne mit staatliche subventionierten FFP2-Masken. Aber längst nicht allen geht es deswegen gut.

Spendet die Hälfte seiner Masken-Einnahmen: Simon Oetter in seiner Viktoria-Apotheke in Hamburg Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Es ist nicht leicht, in diesen Tagen mit Apo­the­ke­r:in­nen zu sprechen. Die Situation sei zu aufgeheizt; viele Medien seien nur darauf aus, negativ über Apo­the­ke­n zu berichten, heißt es. Man solle doch in ein paar Wochen wieder anrufen. Von denen, die reden, aber nicht genannt werden wollen, erfährt man, dass die Gründe für den Unmut tiefer liegen. Sie haben mit verletztem Vertrauen zu tun und dem Gefühl, unfair behandelt zu werden.

Denn auf der einen Seite machen derzeit viele Apotheken hohe Gewinne. Mit FFP2-Masken, die sie an über 60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen oder Beeinträchtigungen verteilen. Apotheken kaufen sie für ein bis zwei Euro je Maske ein – und bekamen bis zuletzt jede Maske mit sechs Euro vom Staat erstattet. Das ergab einen satten Gewinn.

Auf der anderen Seite fühlen sich viele Apo­the­ke­r:in­nen von der Politik überrumpelt und benutzt. Man hätte von einem auf den anderen Tag FFP2-Masken bestellen, verpacken und ausgeben müssen, heißt es. Die Einkäufe liefen auf Kredit, ohne die Sicherheit, dass die Masken tatsächlich abgeholt und vollständig gegenfinanziert werden.

Simon Oetter kann den Unmut seiner Kol­le­g:in­nen verstehen: „Es gibt Apotheken, die dauerhaft schließen müssen, weil ihnen die Umsätze wegbrechen“, sagt er. Andere Apotheken würden mit den Masken jedoch immense Überschüsse erzielen. Oetters Apotheke im Hamburger Stadtteil Ottensen gehört dazu. „Wir machen den gleichen Umsatz wie immer. Hinzu kommen die Einnahmen aus den Masken-Gutscheinen, das ist ein guter Gewinn.“

Oetter hat sich dazu entschieden, die Hälfte des Geldes zu spenden. „Ich finde, dass die finanziellen Gewinner der Pandemie in der Pflicht stehen. Und ich bin einer davon.“ Er kaufe die Masken bei einer deutschen Firma, die ebenfalls einen Teil ihrer Einnahmen spende. Auf diesem Wege könne man eine ganze Kette in Gang bringen, sagt Oetter.

Ob man Gewinne spende oder nicht, liege in der Entscheidung jedes Einzelnen, heißt es vom Hamburger Apothekenverein. Ihnen seien keine Indizien bekannt, die auf unangemessene Gewinne für Apotheken hinwiesen, sagt Geschäftsführer Thomas Friedrich. Er betont vielmehr, dass Apotheken unter dem Lockdown litten. Die Menschen suchten weniger Ärzte auf, vielen Apotheken falle die Laufkundschaft weg.

Ähnlich sieht es ein anderer Apotheker aus Hamburg. Seine Apotheke mache trotz guter Lage Verluste. Dass der Bund jede Maske mit sechs Euro erstattet, finde er richtig. „Ich habe kein schlechtes Gewissen“, sagt er und weist darauf hin, dass die Arzneimittelpreise seit Jahrzehnten nicht angepasst worden seien. „Das Bild des Apothekers, der mit seinem Mercedes vorfährt, stimmt schon lange nicht mehr“, sagt er. Stattdessen fiele es schwer, neues Personal zu finden, da junge Phar­ma­zeu­t:in­nen lieber in die freie Wirtschaft gingen.

Fragt man in weiteren Apotheken nach, ist die Argumentation ähnlich. Ja, man habe mit den Masken viel Gewinn gemacht. Aber gleichzeitig habe sich der Arbeitsaufwand erhöht: Man müsse viele Kunden zu den Masken beraten, außerdem gingen jeden Tag 20 bis 30 Mails von Lieferanten ein, die Masken verkaufen wollen. „Und alle paar Minuten rufen Leute an und fragen, ob wir noch Masken haben“, erzählt ein Apotheker. Außerdem habe man die Masken ja nicht vom Staat erhalten, sondern auf dem freien Markt kaufen müssen. Dadurch hätten manche Apotheken Masken bestellt, die nicht verifiziert gewesen seien. Auf denen würden sie nun sitzen bleiben.

In Simon Oetters Apotheke merke man den neuen Aufwand ebenfalls. „Teilweise gehen die Erholungsphasen drauf“, sagt er. Er habe jedoch weder die Arbeitsstunden erhöhen noch neue Mit­ar­bei­te­r:in­nen einstellen müssen. „Es ist zusätzlicher Aufwand. Aber auch die neue Kostenpauschale deckt das gut ab“, sagt er.

Denn das Bundesgesundheitsministerium hat beschlossen, die Vergütung für FFP2-Masken zu reduzieren. Seit dem 10. Februar erstattet der Staat nicht mehr sechs Euro je Maske, sondern 3,30 Euro plus Mehrwertsteuer. Das macht rund 3,90 Euro. Die Pauschale sei deshalb gekürzt worden, weil sich die Einkaufspreise stabilisiert hätten, heißt es aus dem Ministerium.

„Damit hat der Staat den Vertrauensschutz verletzt“, sagt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA). Der Lobbyverband macht deutlich, dass Apo­the­ke­r:in­nen Masken in dem Glauben gekauft hätten, sechs Euro erstattet zu bekommen. „Wir haben uns auf die Verlässlichkeit des Gesetzgebers eingestellt“, heißt es von der ABDA.

Simon Oetter sieht das anders: „Ich finde, dass der Staat spontan handeln muss, wenn die Einkaufspreise für Masken sinken. Es sind nun mal Steuergelder, die korrekt eingesetzt werden müssen.“

Eine erste Spende hat Oetter bereits an den Verein Hanseatic Help überwiesen. Weitere sollen folgen.

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3 Kommentare

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  • "Meine" Apotheke weigert sich, Masken an Menschen aus Risikogruppen abzugeben die nicht gesetzlich versichert sind.



    Man kann dort die Masken kaufen - für rund drei € das Stück.

    • @Bolzkopf:

      Wenn sie Risikopatient und Privatversicherter sind, erhalten sie bei Anspruchsberechtigung ebenfalls die Bezugsscheine für Masken von ihrer Kasse.



      Mit denen wird Ihnen die Apotheke auch Masken abgeben.



      Sollten Sie keinen Schein bekommen, gelten Sie nicht als Risikopatient und dürfen die Masken aber selbstverständlich auch außerhalb der Apotheke selbst erwerben.

      • @Stefan Haydn:

        Bitte lesen sie die Maskenverordnung (noch) mal ...ich kann die gerne hier verlinken.

        Und "nicht gesetzlich versichert" bedeutet nicht "privatversichert" - also gibt es da keine "Kasse".