petition der woche: Miteinander sprechen statt übereinander
Anlass der Petition
Kritik an der TV-Sendung „Die letzte Instanz“
Das wollen die Initiatoren
Mehr Repräsentanz von PoC in den Medien
Das wollen sie nicht
Weiße Menschen, die über Rassismus sprechen
Es war wieder einmal eine dieser „Das wird man doch noch sagen dürfen“-Debatten in der WDR-Talkshow „Die letzte Instanz“: Vier biodeutsche, mehr oder weniger prominente Menschen parlierten darüber, ob das Ende der Zigeunersauce ein notwendiger Schritt sei. Schauspielerin Janine Kunze setzte Rassismus mit Sexismus gleich, Ex-Big-Brother-Star und Schlagerbarde Jürgen Milski ließ wissen, dass sich vom N-Wort eigentlich niemand diskriminiert fühle, „meine Freunde, die lachen da drüber, habt ihr denn keine anderen Probleme, fragen die mich.“
Waren wir nicht schon weiter?, fragte sich Atahan Demirel, Mitglied des Kreisvorstands der Grünen in Stuttgart, und rief bei change.org eine Petition ins Leben: „Verpflichtende Repräsentanz von Expert*innen und Betroffenen bei Rassismus-Talkshows.“ Das war kurz nach der Wiederholung der Sendung Ende Januar. Bei der Erstausstrahlung im November hatte die Tatsache, dass an der Debatte nur weiße Deutsche teilnahmen, noch für keine Empörung gesorgt. Und auch das nicht, was die Gäste da teilweise von sich gaben.
Das sei Teil des Problems, sagt Atahan Demirel. „Dass sich erst mal niemand darum geschert hat, verdeutlicht doch die Problematik, dass viele Menschen überhaupt nicht für das Thema Alltagsrassismus sensibilisiert sind, das Bewusstsein fehlt.“
Er selbst sei über Twitter auf die Sendung aufmerksam geworden. „Dass es solche Gespräche im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gibt, nach Hanau und Black Lives Matter, mir fehlten die Worte“, erzählt er am Telefon. „Ich habe wegen meines türkischen Migrationshintergrundes selbst schon häufig Rassismuserfahrungen gemacht, diese Ignoranz hat mich wütend gemacht.“ Er ist sich sicher: Rassismus fängt im Alltag und vor allem mit der Sprache an. „Die Öffentlich-Rechtlichen werden ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht, das muss sich ändern.“
Auch die Neuen Deutschen Medienma-cher:innen fordern Medienhäuser auf, Diversität professionell im Programm umzusetzen. „Öffentlich-rechtliche Sender sind nicht nur der weißen Mehrheitsgesellschaft verpflichtet, sondern auch Minderheiten – auch wir zahlen unseren Beitrag“, sagt die Vorsitzende Sheila Mysoreka. „Guter Vorsatz allein reicht nicht. Medien sollten sich daher verpflichten, eine Quote für Journalist:innen aus Einwandererfamilien einzuhalten. Unser Vorschlag: 30 Prozent bis 2030.“
Karin Kuhn, die Unterhaltungschefin des WDR, räumte in einer Stellungnahme Versäumnisse ein, betonte aber auch, dass der WDR sich in den vergangenen Jahrzehnten für die Themen Integration und Diversity sehr stark gemacht habe. „So stark wie kaum ein anderer Sender.“ Eines der zentralen Ziele des WDR sei es, mit Betroffenen zu sprechen – und nicht nur über sie, heißt es aus der Pressestelle. Das, was eine Klausel bewirken soll, sei beim WDR „bereits gelebter Redaktionsalltag“. Unmittelbar nach Beginn der Diskussion um die Talkrunde sei intern eine Gruppe unter Leitung der Integrationsbeauftragten des Senders, Iva Krtalic, gebildet worden.
Der WDR plant nun für März in seinem Fernsehprogramm einen Themenschwerpunkt, der nicht nur als Gesprächsformat angelegt ist, sondern auch eine filmische Aufarbeitung des Themas „Rassismus“ beinhalten soll. Lea Schulze
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