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vorhergesagtScheinriesen unterm Polarwirbelsplit

Schnee im Winter? An sich wäre das so newsworthywie ein Hundebiss, also: das Gebissenwerden eines Menschen durch seinen angeblich besten Freund – daher nur sehr überschaubar. Weil, andererseits, aber selbst Empörungswilligste irgendwann nicht mehr heiß laufen übers Merkelvonderleyen’sche Impfchaos oder grüne Radfahrselbstbedienerei, gelangt sie dann eben doch in die Zeitung, die Wetterkapriole.

Nun sind 50 Zentimeter Neuschnee natürlich auch nicht irgendwas – und bis in solche Dimensionen reichte ja, was in den vergangenen Tagen so alles vorhergesagt wurde für dieses Wochenende: Ein neuer Winter 1978 stehe an, unter Schneemassen berstende Bedachungen, Menschen, abgeschnitten von der Außenwelt, mit wenig Hoffnung, aber wenigstens – so sie denn auf ihren Automobilklub gehört haben – einer Kuscheldecke im Fahrzeug.

Schneemassen und nichtgeräumte Gehwege: Endlich wieder Gefahren, die sich sehen lassen können, ja: anfassen mit den Wollfäustlingen. So ganz anders, also, als der andere Scheiß, der uns seit nunmehr annähend einem Jahr diesen längst normal zu werden drohenden Ausnahmezustand beschert. Wobei: Warum genau im Drogeriemarkt nun das Toilettenpapierregal leer steht, ob wegen Virus oder Wintereinbruch – ist das wichtig?

Scheinriesen unterm Polarwirbelsplit: In einer Hinsicht ist ja Verlass auf die so gern ihre Namen beziehungsweise Nasen in den Medien platzierenden Wetterfrösche – je näher es kam, das Wochenende, desto bescheidener wurde die angekündigte Katastrophe. Aus Schneemassen wurde tagelanger Dauerfrost. Nicht minder gefährlich etwa für jene Menschen, die auf der Straße nächtigen müssen. Aber Kälte hat, Schnee gegenüber, eben doch wieder einen Nachteil. Sie ist schrecklich abstrakt, so eine Temperatur.

Und der eigens angestimmte sachte Hohn übers Reden/­Schreiben/Senden-übers-Wetter, er ist ein Spiel auf Zeit. Irgendwann, dem menschgemachten Klimawandel sei Dank, könnte das sehr wohl eine Nachricht sein. Denn Schnee im hiesigen Winter ist längst nicht mehr so selbstverständlich, wie er’s lange war. Alexander Diehl

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