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Ränkespiele in HamburgDer HSV kämpft – neben dem Rasen

Bei der Nachbesetzung von Aufsichtsratsposten brechen alte Gräben auf: Vizes fürchten, Präsident Jansen wolle mehr Einfluss für Investor Kühne.

Wenigsens auf dem Spielfeld läuft's: HSV-Spieler klatschen für ihre Fans Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger SV spielt in der Zweiten Bundesliga bislang eine überraschend gute Saison. Überraschend deshalb, weil nach zwei kläglich gescheiterten Aufstiegsversuchen in Folge eher nicht damit zu rechnen war, dass der HSV heute, nach 21 Spieltagen mit 42 geholten Punkten, schon wieder an der Spitze der Tabelle stehen würde.

Das Topspiel gegen den Tabellendritten Greuther Fürth ging am vergangenen Samstag zwar nur mit 0:0 aus. In den meisten Partien sind die Hamburger die bessere Mannschaft und spielen in der Regel effektiven, manchmal sogar ziemlich ansehnlichen Fußball. Wer kann diesen HSV auf dem Weg zurück in die Bundesliga eigentlich stoppen?

Wahrscheinlich wieder einmal nur er selbst. Weit weg vom Geschehen auf dem Rasen ist ein Streit eskaliert, der die Machtverhältnisse im Klub ins Wanken bringen kann. Es geht um die Besetzung zweier Nachfolgekandidaten für den Aufsichtsrat der ausgegliederten HSV Fußball AG. Zuständig für die Suche ist das Präsidium der Amateur- und Breitensportler. Der HSV e. V. hält über drei Viertel der Aktien an der Profifußballabteilung und kann de facto allein über die Nachbesetzung bestimmen.

Umbruch im Aufsichtsrat?

Präsident Marcell Jansen hat mit Hans-Walter Peters den Sprecher der Berenberg-Bank nominiert, dem eine zu große Nähe zum umstrittenen HSV-Investor Klaus-Michael Kühne nachgesagt wird. Jansens Gegenspieler im Präsidium, seine beiden Vizes Thomas Schulz und Moritz Schaefer, haben andere Pläne. Sie wollen einen deutlich größeren Wechsel im Aufsichtsrat, mindestens drei der bisher fünf Aufsichtsräte sollen ausgetauscht werden.

Die übrigen Gremien im HSV, zum Beispiel Ehrenrat, Seniorenrat und Beirat, wollen das mit aller Macht verhindern. Sie haben einen Abwahlantrag gegen Schulz gestellt und fordern eine außerordentliche Mitgliederversammlung. Offiziell werfen sie Schulz Taktiererei und Manipulation vor. Inoffiziell heißt es: Schulz und Schaefer zetteln einen Umsturz nur an, um eine Rückkehr des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann vorzubereiten. Jansen hatte vor einem Jahr entscheidend zu dessen vorzeitiger Entlassung beigetragen.

Wie geht es nun weiter? Eine außerordentliche, digitale Mitgliederversammlung lässt sich so schnell nicht auf die Beine stellen. Sie ist nicht nur extrem teuer, bis zu 200.000 Euro, sondern auch technisch nicht so leicht umsetzbar und rechtlich problematisch. Was, wenn die Leitung nicht stabil genug ist, einige Mitglieder nicht abstimmen können und Klage einreichen? Weil die Frage nach Haftung und Verantwortung nicht abschließend geklärt werden kann, läuft es wohl auf eine analoge Versammlung in den Frühlingsmonaten hinaus.

Schulz und Schaefer sind in diesem Machtkampf übrigens nicht völlig auf sich alleine gestellt. Die einflussreichen Ultragruppen sehen die Vorgänge kritisch. Ihnen geht der Kuschelkurs des Präsidenten Jansen mit Investor Kühne und das Durchstechen von Informationen an Medien gegen den Strich.

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