piwik no script img

Nach Militärputsch im MyanmarKein Bier für Putschisten

Der japanische Braukonzern Kirin stoppt die Zusammenarbeit mit Myanmar. Menschenrechtler kritisieren die lukrativen Geschäfte schon lange.

Dieser Mann ist unerwünscht. Mädchen mit Bild des Armeechefs von Myanmar Foto: reuters

TOKIO taz | Als Reaktion auf den Militärputsch im Myanmar vor einer Woche will Japans größter Bierbrauer Kirin seine zwei Gemeinschaftsunternehmen mit den dortigen Streitkräften möglichst schnell beenden. „Die Aktionen des Militärs verstoßen gegen unsere Standards und Menschenrechtspolitik“, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Kirin besitzt 51 Prozent der Brauereien Myanmar Brewery und Mandalay Brewery. Die übrigen Anteile gehören Myanma Economic Holdings (MEHL), eine vom Militär kontrollierte Firmengruppe.

Kirin ist das erste ausländische Unternehmen, das sein Engagement in Myanmar auf den Prüfstand stellt. Die Aktivistengruppe „Justice for Myanmar“, die Kirin schon früher für die Biergeschäfte kritisiert hatte, sprach von einer „starken Botschaft an das Militär, dass sein illegitimer und brutaler Coup nicht toleriert wird“. Auch Human Rights Watch begrüßte den Schritt. „Andere Firmen mit Verbindung zum Militär sollten dem Schritt von Kirin folgen“, sagte Asien-Direktor Teppei Kasai.

Noch hofft der Brauriese aus Tokio darauf, den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. Laut der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei stellt sich Kirin vor, dass ein privater Investor die Firmenanteile von MEHL übernimmt. Für diese Lösung soll wohl die japanische Regierung ihren Einfluss auf die Generäle geltend machen.

Doch MEHL dürfte an einem Ausstieg kaum interessiert sein. Die zwei Brauereien kontrollieren 80 Prozent des rasch wachsenden Biermarktes im Land. Im Jahr 2019 verdiente Kirin mit dem operativen Geschäft in Myanmar immerhin 102 Millionen Euro. Im schlimmsten Fall müssen die Japaner ihre Anteile unter Wert abgeben und den lukrativen Markt verlassen.

Kirin droht also einen hohen Preis dafür zu bezahlen, sich bei der wirtschaftlichen Öffnung des Landes 2015 mit dem Militär eingelassen zu haben. Damals zahlte man 560 Millionen Dollar für den Einstieg bei Myanmar Brewery. Doch die Geschäftsverbindung geriet ins Zwielicht, als die Streitkräfte im Sommer 2017 einen Völkermord an der Rohingya-Minderheit verübten. Danach kam eine Untersuchung der Vereinten Nationen zu dem Schluss, dass Geschäfte mit den Militär-Konglomeraten MEHL und Myanmar Economic Corp. das „hohe Risiko beinhalten, zu Menschenrechtsverletzungen beizutragen“.

Keine Dividenden mehr

Nach Informationen von Amnesty International wird MEHL von amtierenden und pensionierten Angehörigen der Streitkräfte geführt. Ein Drittel der MEHL-Aktien gehören Militäreinheiten inklusive Kampfverbänden, darunter die Befehlshaber jener Einheiten, die in der Rohingya-Provinz Rakhine für Massaker und Vertreibungen verantwortlich waren. Auch der Pensionsfonds des Militärs untersteht MEHL.

Unter diesem Druck beauftragte Kirin im Juni den Wirtschaftsprüfer Deloitte Tohmatsu, die Beziehung zwischen MEHL und den Streitkräften zu untersuchen. Seit November schüttet Kirin auch keine Dividenden an seinen Partner mehr aus. Doch Anfang Januar erklärte der Bierbrauer überraschend, trotz sechsmonatiger Suche hätten die Wirtschaftsprüfer nicht herausfinden können, ob die Erträge der Gemeinschaftsfirmen bei den Streitkräften landen.

Der Fall Kirin bringt die rund 400 japanischen Unternehmen in Myanmar in Zugzwang, darunter Toyota und Suzuki, die Investmentbank Daiwa und das Handelshaus Mitsubishi. Mit 1,7 Milliarden Dollar seit 2011 ist Japan der größte Investor im Land hinter Singapur und China.

Die Regierung in Tokio pflegt seit Jahrzehnten gute Beziehungen zum Militär, um den Einfluss von China zurückzudrängen. Sie hatte sich auch früher nicht den westlichen Sanktionen gegen Myanmar angeschlossen. Bisher hat Tokio den Putsch denn auch nur im Rahmen der G7 verurteilt und kein Interesse an harten Wirtschaftssanktionen gegen die Junta gezeigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare