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Weltklimarätin über CO2-Emissionen„Klima hat bei Biden Priorität“

Der neue US-Präsident hat das Zeug, um die USA zum Vorreiter im Klimaschutz zu machen, so Christina DeConcini vom World Resources Institute.

Joe Biden bei einer Klimaansprache im September 2020 Foto: Patrick Semansky/ap
Interview von Hansjürgen Mai

taz: Frau DeConcini, Joe Biden hat mit einem ambitionierten Klima- und Energiepaket Wahlkampf gemacht. Nach dem Wahlsieg der beiden Demokraten Raphael Warnock und Jon Ossoff im US-Bundesstaat Georgia steht nun fest: Bidens Partei führt künftig nicht nur das Abgeordnetenhaus an, sondern auch den Senat der USA. Kann er mit seinen Klimaplänen nun durchregieren?

Christina DeConcini: Es macht das Ganze natürlich erheblich einfacher für Biden. Ein Kongress, in dem die eigene Partei beide Kammern kontrolliert, ist für jeden Präsidenten von Vorteil. Auch wenn es sich vielleicht nicht sehr aufregend anhört, beginnt es allein schon damit, dass die von Biden nominierten Personalien dadurch schneller eine Bestätigung durch den Senat erhalten werden. Und wir brauchen dringend Leute, vor allem in der Klimapolitik. Ein umfangreiches Klimapaket in Gesetzesform ist aber nicht zu erwarten, da dafür 60 Stimmen im Senat nötig sind.

Wie für die meisten Gesetze in den USA. Im Senat haben die Demokraten jetzt aber nur genau die Hälfte der Sitze. Das Zünglein an der Waage ist die Stimme von Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris. Mit ihr macht das 51 Stimmen für die Demokraten – also immer noch zu wenig für das Quorum.

Es gibt aber einige Dinge, die der neu gewählte Präsident auch ohne Zustimmung des Kongresses in die Wege leiten könnte. So besitzt er beispielsweise die alleinige Autorität für den Wiedereintritt der USA in das Pariser Weltklimaabkommen. Das könnte Biden daher gleich an seinem ersten Tag als Präsident umsetzen.

Im Interview: Christina DeConcini

ist Juristin und leitet die Politikabteilung bei der US-Denkfabrik World Resources Institute in Washington.

Was er angekündigt hat.

Sein Amt erlaubt es ihm außerdem, die Grenzwerte für Fahrzeugemissionen oder auch für den Austritt von Methan bei der Förderung von Öl und Gas anzuheben. Alle diese Richtlinien unterliegen der exekutiven Gewalt. Biden kann also sogar ohne den US-Kongress in den kommenden Jahren viel bewegen. Dass die Demokraten mindestens für die kommenden zwei Jahre sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Kontrolle haben, erweitert lediglich seine Möglichkeiten.

Zum Beispiel beim jährlichen Verabschieden des Haushalts, wozu die einfache Mehrheit ausreicht. Können die Demokraten Klimaschutz so über Steuern und wiederkehrende Staatsausgaben organisieren?

Ja, schon das erst kürzlich verabschiedete Gesetz für den diesjährigen Staatshaushalt enthielt sozusagen eines der bisher stärksten Klimagesetze in der Geschichte unseres Landes.

Auch in der letzten Legislatur hielten die Demokraten schon die Mehrheit im Abgeordnetenhaus – im Senat aber waren sie noch auf die Zusammenarbeit mit den Republikanern angewiesen …

… und das Gesetz ist zwar vergleichsweise stark, aber trotzdem noch immer nicht genug.

Da die Mehrheit im Senat so knapp ist: Gibt es von demokratischer Seite Rückendeckung für Bidens Klimapläne?

Ja, die gibt es. Die Ernennung des früheren Außenministers John Kerry als Sondergesandten des Präsidenten für Klima hat zudem gezeigt, dass das Thema in der Biden-Regierung Priorität hat. Während der vergangen vier Jahren hatten wir es mit einem Präsidenten zu, der vorhandene Klimaschutz-Richtwerte sukzessive abgebaut hat. Ich gehe daher davon aus, dass die USA in Zukunft wieder eine führende Rolle in Sachen Klimaschutz einnehmen werden.

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