Hektisches Treiben in der Bundesliga: Ein Klon hier, ein Klon da
Die Geschäfte der Fußball-Bundesliga ruhen übers Jahr mitnichten. Vorzugsweise gesucht: Personal mit kompatibler Vereins-DNA.
S o kurz wie noch nie ist diese Fußballpause gewesen. Fast in den Heiligabend hinein wurde noch gerumpelfußballt oder gespielt – je nach Vermögen. Und selbst über die beschaulichsten Tage des Jahres hat man in der Bundesliga nicht mit dem aufgehört, was man sonst so als sein Geschäft beschreibt. Man hat mit Stakeholdern diskutiert, fleißig Fehler aufgearbeitet, sich committed und neu aufgestellt.
Die beiden Erstligavereine, die sich zuletzt am konsequentesten für eine andere Spielklasse empfahlen, beginnen das Jahr mit neuem Personal. „Neustart mit Mainzer Fußball-DNA“, so feierte man diese Woche auf der Homepage des Tabellen-Vorletzten die Rückkehr von Sportvorstand Christian Heidel und Sportdirektor Martin Schmidt. Außerdem hat der Klub Trainer Bo Svensson verpflichtet, der einst als Spieler in Mainz verlässliche Abwehrarbeit verrichtete. Die Neuen sind also die Alten.
So wie man das Problemteam aus Gelsenkirchen kürzlich nur noch in die Hände des Schalker Jahrhunderttrainers Huub Stevens geben wollte. Weil der 67-Jährige Knurrer von Kerkrade aber längerfristige Arbeitseinsätze ablehnt, hat man über die Feiertage nun mit dem Schweizer Christian Gross einen anderen harten Hund engagiert. Helfen soll ihm bei seiner Herkulesaufgabe natürlich ein Rückkehrer. Sead Kolašinac vom FC Arsenal soll die Schalker vor dem Schlimmsten bewahren.
Thomas Hitzlsperger möchte den VfB dominieren
Selbst beim Aufsteiger VfB Stuttgart, der sportlich gut dasteht, tobte die Tage ein Machtkampf mächtiger denn je. Der einstige VfB-Spieler Thomas Hitzlsperger, der mittlerweile Vorstandsvorsitzender der VfB Stuttgart 1893 AG ist und die Ressorts Sport, Unternehmensstrategie und Kommunikation verantwortet, will nun auch noch Präsident des Gesamtvereins werden. Den aktuellen Amtsinhaber Claus Vogt hält er für ungeeignet. Gut möglich, dass Hitzlsperger das Duell dank der ihm besonders zugeschriebenen VfB-DNA gewinnt.
Es hat schon fast etwas Anrührendes, wie hoch immer noch der Stellenwert der Vereinsgenetik in einer Branche ist, die sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr den Gesetzen der Gewinnmaximierung und der Logik von Wirtschaftsunternehmen verschrieben hat, in der gerade die große Fluktuation des Personals zum Geschäftsalltag gehört. Selbst Global Player wie Real Madrid (Zinédine Zidane), der FC Barcelona (Ronald Koeman) oder Manchester United (Ole Gunnar Solskjær) setzen zum Beispiel bei der Trainerposition auf die magische Kraft eigener früherer Ausnahmespieler.
Die FC Bayern AG hält ohnehin das Bayern-Gen für ihr wertvollstes Gut, dessen Erbgutinformationen auch aus Hasan Salihamidžić einen konkurrenzlos guten Sportdirektor machen. Der Klub ist aber sowieso ein Sonderfall. „Die DNA steckt so tief in einem drin, dass man diesen Verein im Grunde nie verlassen kann“, sagte Oliver Kahn vor knapp einem Jahr, als er zum neuen Vorstandsmitglied des Vereins gekürt wurde.
In der Liga mögen die Umsätze (FC Bayern München) oder die Schulden (FC Schalke 04) Jahr für Jahr neue Rekordmarken erreichen, wenn es um die Besetzung entscheidender Positionen geht, wird gern noch nach Stallgeruch entschieden. Ein solcher hat sich beim Klon-Konstrukt RB Leipzig noch nicht entwickeln können, aber auch dort weiß man sich aus eigenen Beständen zu helfen. Verstärkt hat man sich für dieses neue Jahr bei der gleichnamigen Klon-Variante RB Salzburg mit dem viel gelobten 20-jährigen Ungarn Dominik Szoboszlai. Der Mann mit der RB-DNA ist bereits am Samstag beim Spiel in Stuttgart spielberechtigt.
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