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Vermieter und MietendeckelDie kreative Kraft des Kapitals...

... oder wie Vermieter das Mietendeckel-Gesetz umgehen und brechen. Vier Beispiele für eine schamlose Praxis.

Schöne Wohnung im Angebot Foto: dpa

Der Mietendeckel ist ein eindeutig formuliertes Verbotsgesetz. Mieterhöhung: verboten. Überhöhte Miete fordern: verboten. Zuschläge für die Ausstattung abkassieren: verboten. Sich an das Gesetz zu halten, verstehen einige Vermieter*innen allerdings als optional. Ganz unterschiedliche Umgehungsstrategien haben sie entwickelt, um trotz der klaren Vorgaben der Politik ihren Schnitt zu machen.

Möblierung

Ein schöner Move des Mietendeckel-Gesetzes war es, die Miete „einschließlich aller Zuschläge“ zu definieren. Besonders der Geschäftemacherei mit möblierten Wohnungen wollte die Gesetzgeberin damit einen Riegel vorschieben. Dass 2-Zimmer-Wohnungen wegen eines Billy-Regals und eines schlichten 1,40er Bettgestells 2.000 Euro Miete kosten, sollte der Vergangenheit angehören.

Aber das findige Kapital hat einen Weg gefunden, das Gesetz zu umgehen. Ein Start-up zweier „mutiger“ und „ihre Stadt liebender“ Berliner*innen verspricht „VermieterInnen von möbliertem Wohnraum in Berlin eine Lösung“ – indem es als Zwischenhändler auftritt. Das Start-up kauft Eigen­tü­me­r*in­nen ihre Möbel ab und zahlt ihnen eine monatliche Rate. Die Mieter*innen wiederum zahlen neben der mietendeckelkonformen Miete an ihre Vermieter*in einen monatlichen Beitrag für Möblierung, Ausstattung und Serviceleistungen wie Reparaturen an das externe Unternehmen.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung spricht auf Anfrage von einer „zivilrechtlichen Vereinbarung, die wahrscheinlich nicht seitens des MietenWoG (Mietendeckel-Gesetz) verfolgt werden kann“, jedenfalls, „wenn die Vereinbarung unabhängig vom Mietvertrag geschlossen wird und auch keine Voraussetzung für den Abschluss des ­Mietvertrages ist“. Dies zumindest darf getrost angezweifelt werden. Auf Anfrage der taz heißt es von Gründer Moritz Fröhlich: „Es wird da­rauf geachtet, dass beide Verträge unterschrieben werden.“

Auch ein zweiter Aspekt ist erklärungsbedürftig. Denn nach einem Urteil des Berliner Landgerichts dürfen für Möbel keine Fantasiewerte veranschlagt werden, sondern nur 2 Prozent des Zeit- bzw. Nutzungswerts. Bei einem Neuanschaffungspreis der Einrichtung von 5.000 Euro dürfen somit nur 100 Euro monatlich verlangt werden. In einer Musterrechnung allerdings zahlt das Unternehmen den Vermieter*innen für eine 2-Zimmer-Wohnung in Prenzlauer Berg fast 1.000 Euro monatlich und holt sich 500 Euro von den Mieter*innen. Fröhlich sagt: „Im Kaufpreis der Möbel steckt mehr drin, etwa Bestellung und Aufbau der Möbel oder Überlegungen, ob die Gardinen zum Teppich passen.“

Einen Tipp für Mutige formuliert ein Twitter-User: „Ich würde sagen, dass man in diesem Fall die Wohnung mit Möbeln mieten sollte und dann sofort die Möbel kündigt. Der Mietvertrag besteht weiter und die Möbel kann die Firma abholen.“

Barzahlung

Die Umgehung des Mietendeckels mittels einer Schattenmiete, also einer vereinbarten Zweitmiete, die fällig wird, wenn der Mietendeckel nicht mehr gilt (nach Wunsch der Ver­mie­te­r*innen meist inklusive Rückzahlung für vergangene Monate), ist inzwischen Standard. Doch es gibt auch Vermie­te­r*in­nen, die nicht so lange auf höhere Erträge warten wollen und sich das Geld stattdessen sofort holen.

So etwa im Fall von Henrike Schneider (Name geändert). Die Studentin zog vor einem Monat in ein Zimmer in einer 3er-WG, das vom Vermieter einzeln vermietet wird. Das Zimmer ist möbliert, was jedoch laut Gesetz keinen Aufschlag auf die Miete rechtfertigt. 400 Euro will der Privatvermieter monatlich dafür haben, in dem noch nicht unterschriebenen Vertrag soll jedoch eine geringere Summe festgeschrieben werden – den Rest fordert er monatlich in bar. „Wegen des Mietendeckels möchte er nicht auf Einnahmen verzichten“, habe er zu Schneider gesagt. Als Garantie für die Zusatzzahlung habe er von ihr gefordert, eine undatierte Kündigung zu unterschreiben.

Manch ein Vermieter geht sogar noch weiter – wenn die entsprechend solventen Mieter*in­nen mitmachen. Als Voraussetzung für die Unterzeichnung eines Mietvertrags wird dann ein Aufschlag auf die eigentliche Miete in bar verlangt, im Voraus für zwei Jahre.

Nebenverträge

Jasmin K. hatte nach langer Suche eine Wohnung in der Neuköllner Reuterstraße gefunden. Einen Hauptmietvertrag wie die Vormieter sollte sie allerdings nicht bekommen. Stattdessen legte ihr der Vertreter der Hausverwaltung einen Untermietvertrag vor, Hauptmieter sei sein Vater. K. war irritiert, doch angesichts der akzeptablen Miete bereit, auf das Angebot einzugehen.

Dann allerdings hieß es, sie müsse noch zwei zusätzliche Verträge für ein Kellerabteil und einen Parkplatz unterschreiben, Mindestlaufzeit ein Jahr, für 100 und 150 Euro im Monat. Auch andere Leser*innen berichteten der taz von solchen Zusatzverträgen.

Bei der Besichtigung ließ sich K. weder Keller noch Parkplatz zeigen, in einem späteren Telefonat fragte sie allerdings nach Details zu dem Kellerraum. Der Hausverwalter habe daraufhin gesagt: „Das ist nur eine reine Formalität.“ Heißt: Beides gibt es gar nicht. Gerechtfertigt habe er sich mit der „blöden Situation für Vermieter und der Notwendigkeit, sich finanziell abzusichern“. Nun wohnt K. in einer WG.

Befristung

Eine renovierungsbedürftige Altbauwohnung in der Neuköllner Bendastraße, drei Zimmer, 87 Quadratmeter, bei Immoscout für 957 Euro kalt – damit läge sie 396 Euro über der erlaubten Mietendeckelmiete. Bei der Besichtigung erzählt der Makler, dass er nur die Deckelmiete fordern könne – immerhin. Dafür ist der Vertrag auf vier Jahre befristet, bis zum regulären Ende des Mietendeckels.

Interessent Juri S. fragt sich, ob es dann überhaupt lohne, den Fußbodenbelag auszutauschen, wenn er nach vier Jahre wieder ausziehen müsse. Der Makler beruhigt: Es sei kein Problem. Wenn S. nach Ende des Mietendeckels bereit sei, die höhere Miete zu zahlen, könne er dann auch weiter in der Wohnung bleiben.

Die beiden einzigen regulären Gründe für eine befristete Vermietung – eine absehbare spätere Selbstnutzung des Vermieters oder seiner Angehörigen und ein Abriss bzw. eine wesentliche Instandsetzung – entfallen damit. Die Befristung mit Verweis auf den Mietendeckel ist unzulässig. S. könnte einziehen – und hätte einen gültigen, unbefristeten Mietvertrag. Hat er nicht gemacht, denn die Straße war ihm zu laut. Inzwischen ist die Wohnung nicht mehr zu haben.

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15 Kommentare

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  • Ich kann nur von mir selbst erzählen. Ich hatte zwei schöne und gepflegte Wohnungen zu 4,60 EUR je qm kalt in einem zwei Familienhaus vermietet. Mieterhöhungen waren und sind faktisch nicht möglich da es in meiner Gemeinden keinen qualifizierten Mietspiegel gibt und man selbst bei 10000 Einwohnern keine Infos zu Vergleichsmieten bekommt. Das Haus war auf dem Mietniveau nicht mehr zu halten, da zu viele Kosten für Instandhaltung anfielen. 20 TEUR streichen, 15 TEUR neue Zentralheizung,12 TEUR neue Kachelöfen, diverse Reparaturen. usw... da sind die Mieterlöse von 7 bis 8 Jahren ganz schnell weg, dazu noch extrem fordernde Mieter , Verwaltungsaufwand, Anrufe am Sonntag weil eine Glühbirne im Treppenhaus ausgefallen ist sowie sofortige Mietkürzung als einmal die Heizung ausfiel und der Heizungsnotdienst erst am Folgetag kommen konnte. Langer Rede kurzer Sinn. Ich habe das Haus verkauft und bin glücklich. Der Käufer hat aber bereits nach zwei Jahren aufgegeben und es weiterverkauft. Jetzt hat es einer gekauft der die Mieter wegen Eigenbedarf für die Kinder rauskündigt. Und zu meiner Schande muss ich zugeben, dass ich, wenn ich zurückblicke wie sich die Mieter mir gegenüber benommen haben, es mich etwas freut.

  • das heißt wenn ich ein Praktikum für 6 Monate mache, kann mir der mögliche



    Untermieter die Möbel kündigen?

    dann bringe ich die Wohnung lieber gar nicht auf den Markt

  • In Berlin vermietet man nicht mehr, sondern verkauft an Eigennutzer u das ist auch gut so, damit die Eigentumsquote steigt, fürs Alter vorgesorgt ist und Gesetze wie der Mietendeckel künftig unterbleiben. Anwälte und Makler verdienen gutes Geld am Mietendeckel, Menschen, die eine Wohnung mieten möchten, sind verloren. Noch nie hat eine Politik ihre eigenen Wähler so verraten und hintergangen, wie Rotlinksgrün mit dem Mietendeckel.

    • @Claudia :

      „ Noch nie hat eine Politik ihre eigenen Wähler so verraten und hintergangen, wie Rotlinksgrün mit dem Mietendeckel.“



      Das ist ja eine sehr kreative Interpretation von Verrat.



      Ich finde zwar auch, dass die Normalbürger ständig verraten werden, aber durch sehr viele andere Ungerechtigkeiten nicht durch den Mietendeckel.



      „ Menschen, die eine Wohnung mieten möchten, sind verloren.“ Das sind sie schon die ganze Zeit auf Grund des unbezahlbaren Wuchers und der gewaltvollen Vertreibung aus ihrem Kietz.

  • 6G
    68577 (Profil gelöscht)

    Der Gesetzgeber provoziert diese Verhaltensweisen mit seinem Gesetz. Wobei die wenigstens Vermieter so kreativ sein werden, wie in dem Artikel beschrieben sondern mit Neuvermietung erst einmal abwarten, bis das Verfassungsgericht sein Urteil gesprochen hat. Ist zwar ein kleiner Verstoß gegen das Zweckentfremdungsgesetz aber das merkt sowieso keiner.

    • @68577 (Profil gelöscht):

      Ich hoffe, man erwischt genug Besitzer von Leerstand.

  • Aha, nur weil ein Gesetzgeber etwas explizit will und deshalb Verbote erlässt, darf es keine Umgehungsversuche geben?



    Ganz schön naiv vom Gesetzgeber.

    • @timekiller030:

      Ach und zum Naiven: Wenn man die Indizien zusammenzählt, (Wohnung nur bei Zustimmung zu den anderen Bedingungen) kann das Ganze durchaus ggf. als Nötigung , das Versprechen von nicht vorhandenen Stellplätzen etc. als Betrug und die zu hohen Mietpreise für die Möbel als Wucher bestraft werden.

    • @timekiller030:

      Es ist auf jeden Fall abgrundtief ASOZIAL.

      Wenn das Volk, vertreten durch seine gewählten Abgeordneten, ein Gesetz beschließt hat man sich daran zu halten. Und der Gesetzeszweck ist glasklar.



      Von "loopholes" halten Gerichte nämlich nicht viel; auch wenn sich mancher Yuppie das erträumen mag...

  • Ganz schön gerissen, das arme Lieschen Müller, das ihre spärliche Rente mit ein Bisschen Vermietung aufbessert.

    "...blöden Situation für Vermieter und der Notwendigkeit, sich finanziell abzusichern"

    Achgottchen. Mir kommen die Tränen. Fette Krokodilstränen.

    • @tomás zerolo:

      Ich weine mit Ihnen, da ja die armen Geringverdiener gezwungen sind, ihre zu erwartende „Geringrente“ durch Erwerb von Grund und Boden aufzubessern.

  • Im Endeffekt bestimmt halt doch Angebot und Nachfrage den wirklichen Preis.

    Diese Gesetzmäßigkeit ist nicht aus der Welt zu schaffen.



    Da kann der Staat machen was er will.

    Gesetzliche Preisdeckel haben den einzigen Effekt einen Schwarzmarkt zu schaffen - genau das was hier beschrieben ist.

    Es kann nur eine richtige Lösung geben, und zwar das Angebot erhöhen indem man neue Wohnungen baut, gerade auch solche mit Sozialbindung.

    • @Argonaut:

      „ Es kann nur eine richtige Lösung geben, und zwar das Angebot erhöhen indem man neue Wohnungen baut, gerade auch solche mit Sozialbindung.“



      Weil ja so viel Grund und Boden zu erschwinglichen Preisen vorhanden ist!(Ironie off)



      Die Grundstücks- und Wohnungsspekulanten machen doch den Markt kaputt. Mieten, die ein Normalgehalt auffressen oder die Menschen zwingen, dahin zu ziehen, wo es keine Arbeit gibt, was dann wieder zu irrer Pendelei führt, sind einfach Wucher. Man muss Wege finden, wie man den Einkaufs-Wildwuchs einheimischer und ausländischer „Gierlappen“ verhindert, was auch viel mit Steueroasen und Vermögenssteuer zu tun hat. Das heißt, den Eigentumserwerb der ersten Wohnung zu fördern ( und nicht noch mit Grunderwerbssteuer zu verteuern), jede weitergehende mit Auflagen zu versehen (anstatt soziale Vermieter mit Strafsteuern wegen zu geringer Miete zu bestrafen).

      • @snowgoose:

        > Das heißt, den Eigentumserwerb der ersten Wohnung zu fördern ( und nicht noch mit Grunderwerbssteuer zu verteuern), jede weitergehende mit Auflagen zu versehen (anstatt soziale Vermieter mit Strafsteuern wegen zu geringer Miete zu bestrafen

        DAS wäre soziale Wohnungspolitik!

  • ... zahlt das Unternehmen den Vermieter .... fast 1.000 Euro monatlich und holt sich 500 Euro von den Mieter ..... Vielleicht andersrum? Sonst klappt's nicht lange