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Mal gehen lassen

Mit dem richtigen Rezept backen auch Anfänger schon ein gutes Brot. Das ist nicht zuletzt für Veganer interessant, weil gekaufte Laibe tierische Produkte enthalten können

Entspannter Blick in die Röhre: Brotbacken ist eine zerstreuende, kreative und vor allem leckere Beschäftigung Foto: Dejan Krsmanovic/Alamy/mauritius images

Von Kristina Simons

Was die Brotvielfalt angeht, macht den Deutschen so schnell keiner was vor: 3.200 eingetragene Sorten gibt es hierzulande. Im Jahr 2014 nahm die nationale Unesco-Kommission die deutsche Brotkultur in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks vergleicht sie gar mit der französischen Esskultur und dem argentinischen Tango.

Doch Vielfalt hin oder her: Wer nicht gerade eine der wenigen Bäckereien in der Nähe hat, wo das Handwerk noch ernst genommen wird, findet vor allem industriell gefertigtes Brot in den Ladentheken. Da hilft nur eins: selbst backen. Gerade vegan lebende Menschen sind damit auf der sicheren Seite. Denn auch wenn die Grundzutaten – Mehl, Wasser, Hefe und Salz – vegan sind, kann Brot auch Zusatzstoffe tierischen Ursprungs enthalten. Die Aminosäure Cys­tein zum Beispiel, die gerade in industriell hergestelltem Brot häufig dem Mehl beigesetzt wird, um den Backvorgang zu beschleunigen. Cystein kann aus tierischen Produkten wie Horn oder Haaren hergestellt sein, mittlerweile außerdem aus gentechnisch veränderten Kolibakterien – auch nicht viel besser.

Die Müllerin Monika Rosenfellner betreibt im österreichischen St. Peter in der Au in dritter Generation eine Mühle. Ihre Brote sind zu 100 Prozent bio, ausschließlich erneuerbare Energien treiben die Mühle und alle anderen Anlagen hier an. Rosenfellners Leidenschaft sind alte Getreidesorten wie Dinkel, Einkorn, Emmer oder Hirse. Aber auch Buchweizen, Gerste, Hafer, Hartweizen, Mais und Roggen widmet sie sich ausführlich in ihrem Buch „Brot von daheim“. Darin verrät sie uns, wie welches Mehl schmeckt, wie es sich am besten verarbeiten lässt und dass Sauerteig nicht gleich Sauerteig ist – ganze sieben Varianten stellt sie in ihrem Buch vor.

50 Brotbackrezepte gibt es dazu, vom Anfänger- bis zum Profi-Level. Gleich das erste, das Mühlenbrot, wird seit Generationen in Rosenfellners Familie weitergegeben. Ein Rezept für Hanfbrot darf laut der Au­torin ebenfalls nicht fehlen, „denn die Samen schmecken nicht nur, sondern halten uns auch fit und gesund“.

Zum Weiterlesen

Monika Rosenfellner: Brot von daheim. Alte Getreidesorten, Lieblingsrezepte, Mühlengeheimnisse. Verlag Löwenzahn 2020, 25,90 €.

Barbara van Melle: Der Duft von frischem Brot. Limitierte Edition: 999 signierte und nummerierte Exemplare, Goldprägung und Farbschnitt. Brandstätter Verlag, ab 30. November 2020, 45,– €.

Lutz Geißler: Plötzblog

www.ploetzblog.de

Weitere Brotblogs

www.brotpoet.de

www.heimbaecker.de

www.wildes-brot.de

www.brotaberlecker.de

Rosenfellner beschreibt in ihrem Buch den Weg vom Korn zum Mehl und lüftet ein paar Mühlengeheimnisse: Welche Temperatur sollten die Zutaten haben? – Mindestens 20, besser noch bis zu 26 °C. Mit welcher Art von Tuch deckt man den Teig zum Gehenlassen am besten ab? – Leinen. An welchen Richtwerten kann ich mich bei den Trockenzutaten orientieren, wenn ich gerade keine Waage zur Hand habe? – Zum Beispiel entspricht ein Esslöffel Mehl etwa 25 Gramm. So kann beim Brotbacken eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Tipps für Anfänger und Profis in der Kunst des Mischens, Knetens und Gehenlassens gibt auch Lutz Geißler gerne weiter. Der Geowissenschaftler ist ein leidenschaftlicher Brotbäcker und schreibt darüber seit 2009 den viel beachteten und kommentierten „Plötzblog – Selbst gutes Brot backen“.

Anfangs waren Backen und Bloggen nur ein Hobby. „Inzwischen mag ich mich angesichts der Fülle, die das Thema Brot in meinem Leben eingenommen hat, lieber als Brotnomade denn als Hobbybäcker bezeichnen“, schreibt er hier. Mehrere Bücher rund ums Brot(backen) hat Geißler inzwischen verfasst. Er entwickelt regelmäßig eigene Rezepte und bietet Kurse an (coronabedingt derzeit online). „Brotbacken ist eine unheimlich zerstreuende, entspannende, kreative und vor allem leckere Beschäftigung“, wie der Publizist betont.

Ein Tipp vom Profi: Die besten Lehrmeister sind Probleme und Fehler

In seinem Blog kann man Geißler in Videos beim Brotbacken zusehen. Im Lexikon erklärt er Fachbegriffe von Abbauphase bis Zwischengare. Und in den FAQ beantwortet er Fragen wie „Kann ich die Salzmenge in Rezepten reduzieren oder erhöhen?“, „Woran erkenne ich, wann mein Teig fertig geknetet ist?“ oder auch Exotischeres wie „Was kann ich tun, wenn die Butterplatte beim Tourieren von Plunderteigen bricht?“.

Anfängern empfiehlt Lutz Geißler, sich gute Rezepte zu suchen und einfach draufloszu­backen. „Es werden sich unter Garantie Probleme und Fehler einstellen“, weiß er aus eigener Erfahrung. „Aber genau die sind es, die dich als Anfänger lernen lassen. Misserfolg ist der beste Lehrmeister.“ Ein typischer Anfängerfehler sei es zum Beispiel, vermeintlich zu klebrige Teige durch die Zugabe von Mehl fester machen zu wollen. Der Haken daran: „Teige müssen kleben, damit das Brot am Ende schön saftig ist und lange frisch bleibt.“

Noch einen Tipp hat Geißler für frischgebackene Teigkneter parat: nämlich sich nicht von den vielen Feinheiten und Parametern abschrecken zu lassen, die er in seine Rezepte schreibt oder an anderer Stelle mit erfahreneren Hobbybäckern diskutiert. „Du wirst in aller Regel vielleicht kein schönes, aber doch sehr gut schmeckendes Brot aus dem Ofen ziehen.“

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