Neubau der Mühlendammbrücke: Schmaler wäre schöner
Mehrere Initiativen kritisieren die Neubaupläne des Senats für die Mühlendammbrücke in Mitte. Sie rechnen mit mehr Menschen in weniger Autos.
Der Streit über den Neubau der Mühlendammbrücke geht weiter: Am Donnerstag luden Initiativen zu einer Ortsbegehung ein, bei der sie ihre Kritik an der Planung der Senatsverkehrsverwaltung erneuerten und Alternativen vorstellten. Ebenso wie der in Mitte für Stadtentwicklung zuständige Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) akzeptieren sie die Haltung der Senatsverwaltung nicht, die künftige Brücke nur geringfügig schmaler als jetzt zu errichten.
Weil die Senatsverwaltung von Regine Günther (Grüne) schnellen Ersatz für die marode Brücke will, verzichtet sie auf ein neues, langwieriges Planfeststellungsverfahren. Dadurch kann aber die heute mit 45 Metern Breite einer Autobahn ähnelnde Brücke nur auf 39,60 Meter reduziert werden.
Stefan Lehmkühler vom Verein Changing Cities präsentiert Skizzen deutlich schlankerer Brückenquerschnitte: Die schmalste beläuft sich auf nur 32,60 Meter. Bei dieser Variante gebe es nur eine Kfz-Spur pro Richtung. In der Mitte befinde sich, wie auch vom Senat geplant, eine Straßenbahntrasse für die Verbindung zwischen Alex und Potsdamer Platz. Hinzu kämen 3 Meter breite Radstreifen und 4 Meter breite Wege für den Fußverkehr.
Eine Kfz-Spur sei völlig ausreichend, so die Berechnung von Changing Cities: Die für die Brücke errechnete „Durchschnittliche Tägliche Verkehrsstärke“ (DTV) von gut 65.000 Pkws sei mit einer Kombination von Tram und Autos locker zu toppen: Bei Letzteren sänke die DTV auf 27.000, allerdings befördere die Tram das Äquivalent von fast 44.000 Pkws. „Es geht ja darum, wie viele Menschen über die Brücke kommen, nicht, wie viele Autos“, so Lehmkühler.
Leitbild der 70er Jahre
Auch Roland Stimpel von FUSS e. V. meint: „Eine schmalere, aber gut geplante Brücke kann die Kapazität sogar erhöhen.“ Bleibe sie in etwa so dimensioniert, wie sie in den autofixierten 70ern gebaut wurde, werde sie weiterhin Kfz-Verkehr anziehen.
„Vollkommen verfehlt“ findet Hendrik Blaukat von der Interessengemeinschaft (IG) Leipziger Straße das Vorgehen der Senatsverwaltung. Dass es bislang keine Beteiligung der Öffentlichkeit gegeben habe, widerspreche den senatseigenen Leitlinien und lasse sich auch nicht mit dem Planungsbeschleunigungsgesetz in Einklang bringen, auf dessen Grundlage der Neubau erfolge.
Eine Art Beteiligung wird es nun geben: Am Montag lädt die Verkehrsverwaltung zu einer Infoveranstaltung auf ihrem Youtube-Kanal ein. Per Kommentarfunktion können dabei auch Fragen gestellt werden.
Sprecher Jan Thomsen dementierte Berichte, die Verwaltung habe den Realisierungswettbewerb bereits im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht und so Fakten geschaffen. Zudem, so Thomsen, beruhe die Idee, dass eine deutlich schmalere Brücke genüge, auf veralteten Bevölkerungsprognosen: „Wir wollen ein künstliches Nadelöhr an dieser Stelle für alle Verkehrsarten vermeiden.“
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