piwik no script img

Anklage wegen „Sieg Heil“-RufenFreispruch für Polizeischüler

Bei einem Basketballspiel sollen drei Männer rassistische Bemerkungen gemacht haben. Das Landgericht hält die Beweise aber nicht für ausreichend.

Den Polizisten hätte bei einer Verurteilung ein Diziplinarverfahren gedroht Foto: dpa

Berlin taz | Zwei Polizeischüler, die im Juni 2019 wegen Sieg-Heil-Rufen bei einem Basketballspiel zu einer Geldstrafe verurteilt worden waren, sind am Freitagabend vom Berliner Landgericht nach einer dreitägigen Berufsverhandlung freigesprochen worden.

Die beiden ZeugInnen, die die rechten Sprüche gehört hatten, sagten aus, dass sie mit einer Gruppe von Geflüchteten ein Alba-Spiel besucht hatten. Bald sei ihnen eine Gruppe junge Männer in ihrer unmittelbaren Umgebung aufgefallen, da diese einen dunkelhäutigen Spieler auf dem Platz mit Affengeräuschen beleidigt hätten. Später hätten sie aus der Gruppe mehrmals „Sieg Heil“-Rufe gehört. Die beiden SozialarbeiterInnen schalteten den Sicherheitsdienst ein, der die Polizei verständigte.

Erst beim ersten Prozess stellte sich heraus, dass es sich um Polizeischüler handelte. Trotz ihrer Verurteilung im vergangenen Jahr waren sie ins Beamtenverhältnis übernommen worden. Allerdings hätte ihnen ein Disziplinarverfahren gedroht, wenn das Urteil bestand gehabt hätte. Mit dem Freispruch dürfte ihre Weiterverwendung im Polizeidienst nichts mehr im Wege stehen.

Im vergangenen Jahr war noch ein dritter Polizist wegen der „Sieg-Heil“-Rufe verurteilt worden. Er hatte seine Berufung zurückgezogen. Daher musste er als Zeuge aussagen, konnte sich aber an die Details beim Basketballspiel nicht mehr erinnern. Alle drei Angeklagten beteuerten, nur „Sieg“, nicht aber „Heil“ gerufen zu haben. Zudem betonten sie, nichts mit rechter Ideologie zu tun haben.

Die Gruppe war bereits einschlägig aktenkundig

Bei der Verhandlung wurde allerdings erwähnt, dass die Gruppe bereits wegen der Verwendung eines Liederbuches aus der NS-Zeit bei einer Weihnachtsfeier aktenkundig geworden war. Der Richter begründete den Freispruch mit der fehlenden Lautstärke der Heil-Rufe. „Wenn er es doch gesagt haben sollte, dann so leise, hinter vorgehaltener Hand“. Damit seien die Rufe nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und damit nicht strafbar gewesen.

„Damit wird ignoriert, dass der Prozess nur stattfinden konnte, weil die Rufe von Menschen außerhalb der Gruppe gehört wurden“, kritisierte eine Prozessbeobachterin den Freispruch. Es stärke in Zeiten zunehmender rechter Umtriebe bei der Polizei sicher nicht die Menschen, die bei solchen Vorfällen nicht weghören und wegsehen, so ihre Befürchtung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wie üblich auf dem rechten Auge blind. Unglaublich.... das kann doch wohl nicht aus Mangel an Nachwuchs sein!?!?!?

  • Moment sind die jetzt bei der Polizei?!?