Brasiliens Regenwald und Konzerne: „Mitschuld an der Zerstörung“

Ein aktueller Bericht zeigt, wie US-Investoren in Brasiliens Regenwald eindringen und die Umwelt verschmutzen. Die Rechte der Menschen werden missachtet.

Ein mann mit Federschmuck steht auf dem beleuchteten Times Square

Dinamam Tuxa bei einer Protestaktion auf dem Times Square in New York im September letzten Jahres Foto: Ludovic Marin/afp

SAO PAOLO taz | Deutlicher hätte der Titel des Berichts wohl kaum sein können: „Mitschuld an der Zerstörung“. Am Dienstag stellten die „Artikulation der Indigenen Völker Brasiliens“ (APIB) und die US-Umweltschutzorganisation „Amazon Watch“ einen neuen Bericht über die Rolle ausländischer Finanzinstitutionen im brasilianischen Regenwald vor. In dem 40-seitigen Dokument heißt es: „Die hier aufgezeigten Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen an Indigenen wären ohne die Finanzierung großer Akteure des Weltmarkts nicht möglich.“

Der Bericht konzentriert sich auf die sechs aktivsten Finanzinstitutionen, alle kommen aus dem USA: BlackRock, Citigroup, J.P. Morgan Chase, Vanguard, Bank of America und Dimensional Fund Advisors. Zwischen 2017 und 2020 investierten sie mehr als 18 Milliarden US-Dollar in Unternehmen, denen Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen im Amazonas-Regenwald vorgeworfen wird. Hauptinvestor ist BlackRock, der größte Vermögensverwalter der Welt.

BlackRock ist in Brasilien in den drei umstrittensten Bereichen vertreten: Bergbau, Agrobusiness und Energie. Bei einem Treffen mit der APIB im vergangenen Jahr gelobten Vertreter*innen der Fondsgesellschaft Besserung und verabschiedeten Richtlinien zum Kampf gegen die Klimakrise. „Aber BlackRock hat keinerlei Maßnahmen zum Schutz von Indigenen und zur Bekämpfung der Abholzung unternommen“, kritisiert Dinamam Tuxá im Gespräch mit der taz. Der 33-jährige der Tuxá ist Direktor der APIB. „Die Ressourcen von BlackRock fließen direkt an Firmen, die unsere Lebensgrundlage zerstören.“

Beispiel Vale. Das börsendotierte, multinationale Unternehmen ist der zweitgrößte Produzent von Eisenerz und Nickel der Welt. Laut indigenen Aktivist*innen verschmutzen die Minen des Konzerns etliche Flüsse, eine Bahntrasse läuft quer durch indigenes Land, einer Tochtergesellschaft von Vale wird vorgeworfen, bei der Produktion von Palmöl gesundheitsschädliche Pestizide eingesetzt zu haben. Der Bergbaukonzern war es auch, der zuletzt mit zwei Dammbrüchen im Südosten des Landes internationale Schlagzeilen machte. Hunderte Menschen starben, ganz Landstriche wurden von einer giftigen Schlammmasse überrollt.

Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung

Aber auch andere Firmen, die zu großen Teilen aus dem Ausland finanziert werden, stehen im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. JBS, der größte Fleischexporteur der Welt, steht im Verdacht, von Abholzungen und Invasionen auf indigenes Land zu profitieren. Das Energieunternehmen Eletronorte plant, eine Stromleitung durch das Gebiet der Waimiri-Atroari-Indigenen zu bauen.

Neben US-amerikanischen Finanzinstitutionen sind auch zahlreiche europäische Akteure beteiligt, darunter auch die Deutsche Bank. Zudem drängen immer mehr chinesische Investoren auf den brasilianischen Markt, insbesondere bei Infrastrukturprojekten.

Die Umweltpolitik bestimmt zunehmend die Außenwahrnehmung der brasilianischen Politik. Die Abholzung hat sprunghaft zugenommen, fast wöchentlich werden neue Angriffe auf indigene Territorien gemeldet und die verheerenden Brände haben große Flächen des Amazonas-Regenwalds und Sumpfgebiets Pantanal zerstört. Schuld daran hat auch Präsident Jair Bolsonaro, der Umweltschutzorganisationen systematisch schwächt, Richtlinien lockert und ungeniert gegen Indigene und NGOs hetzt.

Kritik wirkt

Doch die Regierung bekommt zunehmend Gegenwind – auch von einzelnen Kapitalfraktionen. Bei der Wahl im Oktober 2018 hatte ein Großteil der Einzelunternehmer, Unternehmerverbände und Interessenvertreter des Agrobusiness Bolsonaro noch unterstützt. Auch viele ausländische Firmen suchten damals die Nähe zu dem ehemaligen Hauptmann. Mitte Juni erklärten sieben große europäische Investmentfirmen, ihr Kapital aus Brasilien abzuziehen, sollte die Regierung die Abholzung nicht in den Griff bekommen.

Das sei laut APIB-Chef Dinamam Tuxá auch eine Folge des massiven Drucks und des daraus resultierenden Imageverlusts Brasiliens. „Wir und unsere Partner in Europa und den USA haben es geschafft, die genozidale Politik von Bolsonaro offenzulegen. Nun müssen wir dafür sorgen, dass den Profiteuren der Verbrechen endgültig der Geldhahn zugedreht wird.“

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