in der taz vor elf jahren: wenn die pds rot-grün toleriert:
Der heraufziehende Bundestagswahlkampf läßt grüßen: Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) warf gestern der SPD vor, bei der Wahl ihres Kandidaten Reinhard Höppner zum Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt den „Konsens aller Demokraten in Deutschland“ aufgekündigt zu haben. Diesem Konsens zufolge dürfe es „mit Radikalen von links und rechts“ keine Zusammenarbeit geben. Die rot-grüne Landesregierung sei aber mit Stimmen der PDS gewählt worden. Die Wähler stünden damit bei der Bundestagswahl im Oktober vor einer „Richtungsentscheidung über die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland“.
SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen hielt dagegen, daß Höppner für seine Wahl die Stimmen der PDS nicht gebraucht habe. Höppner war nach zweimaligem Scheitern im dritten Durchgang mit 48 von 95 Stimmen gewählt worden. Verheugen erklärte im Fernsehen: „Irgendwelche Absprachen mit der PDS hat es nicht gegeben und wird es nicht geben.“ Außerdem sei die personelle Kontinuität bei den Christdemokraten gegenüber dem DDR-Unrechtsregime genauso hoch wie bei der PDS. Zwei Drittel aller Mandatsträger der CDU in Ostdeutschland hätten bereits vor 1989 dem Unrechtsregime in Staats- und Parteiämtern gedient.
CSU-Generalsekretär Erwin Huber unterstrich in München, in Magdeburg sei „modellhaft ein Volksfrontbündnis für die Bundesebene aus der Taufe gehoben“ worden. Dies zeige, daß der SPD „keine Konstellation zu schmutzig sei, um an die Macht zu gelangen“.
Der Bundesvorstandssprecher von Bündnis 90/Grünen, Ludger Volmer, hofft nach der Wahl Höppners auf eine Signalwirkung für eine rot-grüne Koalition auf Bundesebene. Das „Gezeter der Union“ gegen die neue Regierung in Sachsen-Anhalt werde auf die Union selbst zurückfallen. Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte sagte zur rot-grünen Koalition: „Ich finde es richtig.“ taz, 23.7.1994
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