Corona in österreichischen Skigebieten: Keine Deutschen im Stubaital
Österreich kämpft in der Wintersaison um die Rückkehr der Gäste. Im Skisportort Ischgl war es im Frühjahr zum Superspreading-Gau gekommen.
Skifahren ohne Après-Ski, das ist die Devise, die Österreichs Wintertourismus retten soll. Im inzwischen weltbekannten Tiroler Alpendorf Ischgl haben sich Urlauber aus aller Welt bekanntlich nicht auf der Piste angesteckt, sondern in Lokalen wie dem Kitzloch, wo ein Barmann als Superspreader ausgemacht wurde.
Die Skisaison hat also trotzdem begonnen. In Sölden drängen sich Menschen vor dem Einstieg in die Gondel auf den Gletscher. Auch im Stubaital beobachtete eine Tiroler Skifahrerin volle Lifte. Allerdings gebe es ständige Durchsagen, die auf die Maskenpflicht und den Sicherheitsabstand aufmerksam machten, die Toiletten in der Talstation seien nach jeder Nutzung desinfiziert worden. In der Nordkettenbahn, die von Innsbruck auf den Berg führt, sei es am Wochenende so eng gewesen, dass niemand einen Rucksack am Rücken tragen konnte. Auch Reisende aus Deutschland seien darunter gewesen.
Dominik Oberhofer, Besitzer des Hotels Oberhofer in Tefels im Stubaital und Fraktionschef der liberalen Neos im Tiroler Landtag, den die taz auf der Piste erreichte, berichtet von drei- bis viertausend Skifahrern auf dem Stubaier Gletscher. „Das ist normal, nur die Zusammensetzung ist anders.“ Es seien viel mehr Inländer und vor allem Jugendliche unterwegs. Daneben Polen, Tschechen, Schweizer, aber „null Deutsche“. Wie 95 Prozent der Hoteliers hat Oberhofer nicht aufgesperrt. Nach der Reisewarnung hätten alle Deutschen storniert. Nur das Apparthotel mit 80 Betten sei in Betrieb.
Die deutsche Reisewarnung für Tirol hat den Hoteliers und Liftbetreibern heftig zugesetzt. Manche Häuser wollen gar nicht öffnen, die in den westlichen Bundesländern gültige Sperrstunde 22 Uhr heißt für viele Lokale de facto Lockdown.
Ein „weicher Lockdown“ im November?
Der Kitzbüheler Hotelier Christian Harischre, der hochpreisige Häuser betreibt, ließ am Sonntag in einer TV-Diskussion mit einem radikalen Vorschlag aufhorchen. Er plädierte für einen „weichen Lockdown“ im November, damit die Infektionszahlen schnell gesenkt würden und einem ungestörten Hotelbetrieb in den wichtigen Monaten Dezember bis Februar keine Reisewarnungen mehr entgegenstünden.
Für Oberhofer ist das „völliger Blödsinn“. Er hält es für unmöglich, die Kriterien des Robert-Koch-Instituts so schnell zu erfüllen. Gleichzeitig ist er voll des Lobes für die Bundesregierung, die 75 Prozent der Fixkosten ersetzt und durch die Verlängerung der Kurzarbeit das Halten von Personal ermögliche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“