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Polizeieinsatz im „Danni“Gewerkschafter beklagt Coronarisiko

Im Dannenröder Wald halten sich trotz Pandemie Tausende Polizist:innen auf. Die hessische Polizeigewerkschaft fordert ein Einschreiten der Politik.

Polizist im Einsatz im Dannenröder Wald Foto: Björn Kietzmann

Berlin taz | Die steigenden Coronazahlen verschärfen den Konflikt um den besetzten Dannenröder Wald in Hessen, der zusammen mit weiteren nahe gelegenen Waldstücken für den Ausbau der A 49 gerodet werden soll.

Der hessische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Engelbert Mesarec, hat gegenüber der taz schlechte Arbeitsbedingungen für die Polizist:innen vor Ort beklagt. Vor diesem Hintergrund forderte er eine erneute Bewertung des Autobahnprojekts von der Politik.

Unter anderem kritisiert Mesarec „eine dreifache Gesundheitsgefährdung“ für die Polizist:innen. Erstens habe es einige Angriffe mit Steinen oder Zwillen gegeben. „Zweitens herrscht natürlich latente Covid-19-Gefahr“, so der Gewerkschafter.

„Und drittens ist die Arbeitsbelastung sehr hoch, bis zu 16-Stunden-Schichten ohne freie Tage dazwischen sind keine Seltenheit; auch weil die Polizei durch Corona insgesamt gerade stark ausgelastet ist.“ Die Polizist:innen sollen die Wälder räumen, damit das mit dem Autobahnbau beauftragte Unternehmen Deges die Rodungsarbeiten durchführen kann.

Klimabewegung sagt Massenaktion ab

Jetzt sei die Politik gefragt, meint Mesarec. „Es spielt für die Polizei keine Rolle, ob sie es – wie ich zum Beispiel persönlich – schade um so einen alten und gesunden Wald findet“, sagte der Gewerkschafter. „Sie muss zum Einsatz erscheinen, denn es gibt eine feste Rechtslage.“

Die neue Straße hat der aktuelle Bundesverkehrswegeplan besiegelt. Den haben Bundesregierung und Bundestag beschlossen. Die schwarz-grüne Hessische Landesregierung setzt den Bau um. „Ich lade die Politik ein, sich die Situation selbst vor Ort anzugucken, um ihre Entscheidung für die A 49 zu bestätigen oder aber noch mal zu korrigieren“, so Mesarec.

Im „Danni“ und um ihn herum sind Polizist:innen aus ganz Deutschland im Einsatz. Es gehe um eine Personenzahl im „niedrigen vierstelligen Bereich“, sagte ein Sprecher der Polizei Hessen der taz. Unter anderem seien Polizist:innen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und von der Bundespolizei vor Ort.

Die Beamt:innen, deren Heimatort zu weit entfernt liegt, seien in Hotels untergebracht. „Die Kollegen sind sensibilisiert und mit den Schutzmaßnahmen vertraut“, sagte der Polizeisprecher. „Was im Einzelfall nicht immer möglich ist, ist die Einhaltung des Mindestabstands, etwa zu Demonstranten.“

Ich lade die Politik ein, sich die Situation selbst vor Ort anzugucken

Engelbert Mesarec, Polizeigewerkschaft

Seit zu Oktoberanfang die ersten Räumfahrzeuge angerückt sind, dokumentieren Journalist*innen vor Ort teils gewaltvolle Polizeieinsätze sowie die massive Einschränkung der Pressefreiheit.

Die Klimabewegung hat wegen steigender Coronazahlen eine Massenaktion abgesagt. Ursprünglich hatte ein Bündnis verschiedener Umweltorganisationen und Protestgruppen bundesweit dazu aufgerufen, sich am 25. Oktober an einer Menschenkette vor dem Dannenröder Wald zu beteiligen.

„Wir handeln verantwortungsbewusst und sagen die überregionale Mobilisierung für diesen wichtigen Protest ab“, sagte Olaf Bandt, Chef des Umweltverbands BUND. „Gleiches fordern wir jetzt aber auch von den Verantwortlichen für den Polizeieinsatz.“

Vor Ort seien tagsüber schätzungsweise 250 Aktivist:innen, heißt es beim Presseteam der Waldbesetzung. Diese würden allerdings nicht alle in den Baumhäusern übernachten, viele gehörten auch zu den örtlichen Bürgerinitiativen gegen den Autobahnausbau. Neben der Einhaltung der AHA-Regeln empfiehlt das Team Aktivist:innen, vier Tage in Quarantäne zu gehen, bevor sie an den Protesten teilnehmen.

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3 Kommentare

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  • „Wir handeln verantwortungsbewusst und sagen die überregionale Mobilisierung für diesen wichtigen Protest ab“, sagte Olaf Bandt, Chef des Umweltverbands BUND.

    Nix besonderes. Schalke hat die Meisterfeier auch schon abgesagt. Die sind sich ihrer Verantwortung ebenso bewusst.

  • "Der hessische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft [hat] Arbeitsbedingungen für die Polizist:innen vor Ort beklagt. Vor diesem Hintergrund forderte er eine erneute Bewertung des Autobahnprojekts von der Politik."

    JA, ENDLICH!

    Meine Rede. Die Polizei sollte sich mit ihrer Rolle als Lückenbüsser auseinandersetzen (eins der strukturellen Probleme, die sie hat).

    Wasserwerfer und Pfefferspray statt anständiger Politik mag zwar für manche Politiker*innen bequem sein, geht aber nicht nur auf Kosten der Bevölkerung, sondern auf Kosten der Polizist*innen auch.

    Und wenn manche Menschen da oben in der Hierarchie die Rede über "strukturelle Probleme" der Polizei bewusst, arglistig und mutwillig mit "Pauschalisierung" verwechseln: lasst Euch nicht aufs Glatteis führen. Das ist eine ganz miese Masche.

    • @tomás zerolo:

      Anschließe mich. Mesarec kriegt da einen Spagat hin, der fast unmöglich scheint. Respekt!

      Was er nicht darf: seinen Kolleg*innen nahelegen, sich mit Erkältung krankzumelden, wenn sie zum Räumungseinsatz aufgefordert werden.



      Die Aktivist*innen dürfen das, vorausgesetzt sie formulieren es richtig. "Aufgrund der eskalierenden Corona-Pandemie fordern wir die Polizist*innen eindringlich auf, Artikel 2 des Grundgesetzes ernstzunehmen und die Gesundheit aller Beteiligten nicht zu gefährden, sondern im Zweifelsfall - bei Atemwegssyndromen, Mattigkeit, oder erhöhter Körpertemperatur, von den erleichterten Möglichkeiten einer Krankschreibung Gebrauch zu machen. Wir setzen die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen um, wann immer wir dazu in der Lage sind, aber bei Räumungen wird unser Handlungsspielraum zwangsläufig erheblich eingeschränkt", oder so was in die Richtung.