: Klage gegen die Schließung des Freiparks
Die Schausteller*innen sprechen der Politik das Misstrauen aus und ziehen vor das Verwaltungsgericht
Von Jan Zier
Mit einer Klage im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht wehren sich die Schausteller*innen des „Freiparks“ gegen dessen Schließung und das Verbot des „Kleinen Freimarktes“ in der City.
Angesichts seines Hygiene- und Sicherheitskonzepts sei ein Besuch des Freiparks – der abgespeckte Ersatz für den Freimarkt – „eine der sichersten Outdoor-Aktivitäten in ganz Bremen“, sagte Bettina Robrahn-Böker, Geschäftsführerin der Veranstaltungsgesellschaft Bremer Schausteller (VBS). Aus ihrer Sicht ist die Schließung des Freiparks „unverhältnismäßig“ – und eine massive Ungleichbehandlung des Reisegewerbes gegenüber der stehenden Gastronomie und des Einzelhandels. Der Freipark sollte ursprünglich bis zum 1. November geöffnet haben.
Hinzu kommt, dass es in den Freizeitparks in Niedersachsen bisher keine Schließungspläne gibt – sie sind mindestens bis Ende Oktober alle offen. Der Freipark wurde in der vergangenen Woche mit dem Überschreiten der Grenze von 50 Corona-Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner*innen binnen sieben Tagen sofort geschlossen. Die Besucher*innenzahlen waren zuvor bereits von 6.000 auf 3.000 reduziert worden.
Diese Zahl sei im Freipark innerhalb der fünf Tage seiner faktischen Öffnung lediglich am Sonntag erreicht worden – und auch da nur für maximal zehn Minuten, so Robrahn-Böker. An Wochentagen seien maximal 800 Menschen zur gleichen Zeit auf das Gelände gekommen. Zudem habe es bisher keinen Hinweis auf eine Infektion infolge des Besuchs des Freiparks gegeben. „Wir sind stolz auf unser Hygienekonzept, das seinesgleichen sucht und haben es erfolgreich umgesetzt“, sagte Robrahn-Böker. Und eine andere Lösung als die sofortige Schließung des Freiparks sei vom Innenressort gar nicht erst geprüft worden, so der Anwalt des VBS, der sich offen zeigte für Änderungen des behördlich genehmigten Hygienekonzepts. Betroffen sind laut VBS rund 120 Schaustellerfamilien mit insgesamt 400 Menschen.
„Wir sind sprachlos“, sagte Rudolf Robrahn vom Bremer Schaustellerverband, der die kurzfristige Absage des Kleinen Freimarktes in der City „ein Unding“ nannte: „Ich verliere immer mehr das Vertrauen in unsere Bremer Politik.“
Die Klage wird von den beiden Bundesverbänden der Schausteller*innen unterstützt – „egal, was es kostet“, wie einer der beiden Vorsitzenden erklärte. „Sollen wir uns von der Brücke stürzen?“ fragte er, während der Chef des anderen Verbandes auf die verfassungsmäßig verbriefte Gewerbefreiheit pochte und erklärte: „Wir können kein politischer Spielball mehr sein.“
Bürgermeister, Kammern, Verbände und Gewerkschaften meldeten sich mit einem gemeinsamen Appell zu Wort. Infektionsketten müssten unterbrochen, neue „Corona-Superspreader-Events“ vermieden werden: „Die Zahl der Kontakte muss wieder reduziert werden.“ Zu der Klage und den Vorwürfen der Schausteller*innen wollte das Innenressort inhaltlich keine Stellung nehmen.
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