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Neue Suche nach Atommüll-EndlagerNicht nur das Wendland atmet auf

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Entscheidung gegen den umstrittenen Salzstock in Gorleben wird den weiteren Auswahlprozess für das Endlager wohl glaubwürdiger machen.

2010, als dieses Bild entstand, hatten die Castorgegner in Laase noch nichts zu feiern Foto: Sebastian Willnow/ddp images

D ieser Montag war gleich in mehrfacher Hinsicht ein guter Tag. Zunächst für die Menschen aus der Region Gorleben und alle, die in den vergangenen 43 Jahren mit ihnen gemeinsam gegen das dort geplante Atommüll-Endlager und die Atomkraftnutzung als Ganzes gekämpft haben – im Hüttendorf, beim Treck nach Hannover oder bei den Blockaden gegen die Castortransporte. Ihnen allen war schon lange klar, dass der Standort keine Chance gehabt hätte, wenn von Anfang an nach geologischen Kriterien entschieden worden wäre.

Doch ausgewählt wurde das dünn besiedelte Gebiet an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zunächst aus politischen Gründen und später vor allem, um Kosten zu sparen. Mit dem Neustart der Endlagersuche, im Jahr 2013 parteiübergreifend vereinbart und 2017 dann tatsächlich begonnen, sollte die Suche nach dem bestmöglichen Standort endlich anhand klarer wissenschaftlicher Kriterien geschehen.

Weil der umstrittene Standort Gorleben zunächst im Rennen blieb, fürchteten viele Atom­kritiker*innen, dass es am Ende doch auf diesen hinauslaufen würde. Diese Sorge hat sich als unbegründet erwiesen: Anhand der vorgegebenen Kriterien hat die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung festgestellt, dass Gorleben schlechter geeignet ist als andere Salzstöcke und damit aus dem Verfahren ausscheidet.

Nicht nur die Gorleben-Kritiker*innen können sich freuen; die Entscheidung gegen den dortigen Salzstock dürfte sich auch für den gesamten weiteren Auswahlprozess für das Endlager als hilfreich erweisen. Gorleben schwebt nicht mehr weiterhin als permanenter Anlass für Misstrauen über dem Verfahren, sondern es steht jetzt fest, dass die vorgegebenen Bedingungen auch wirklich ernst genommen werden. Im weiteren Verlauf dürfte es zwar trotzdem noch zu heftigem Streit kommen, weil es keine Vorgabe gibt, wie im Zweifel die Kriterien gewichtet werden sollen, wenn ein potenzieller Standort in einem Bereich Defizite hat und ein anderer Standort wiederum in einem anderen.

Trotz dieser Schwächen im Gesetz gibt es eine gute Chance, dass dem Standort, der am Ende des langen Suchverfahrens gefunden werden wird, nicht das gleiche Schicksal droht wie Gorleben. Vor Ort wird es zwar immer Widerstand geben; doch wenn weiterhin glaubhaft gezeigt wird, dass nach nachvollziehbaren Kriterien gesucht wird, dann erhöht dies die Chancen für eine gesellschaftliche Akzeptanz der Entscheidung.

Denn noch etwas hat sich seit den Gorleben-Protesten geändert: Neuer Atommüll wird in Deutschland durch den beschlossenen Ausstieg bald nicht mehr entstehen. Für den bisher produzierten braucht es aber einen sicheren Ort – das ist auch der Antiatomkraftbewegung klar.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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13 Kommentare

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  • Lasst mich nicht dumm sterben. Warum kein Endlager in aktuellen und früheren Uranabbaugebieten ??

  • Die Glaubwürdigkeit des jetzigen Auswahlverfahrens ist noch intakt, wird aber auch schon angegriffen. Erbärmlich, wie ein Möchtegern- Kanzler wie Söder jetzt schon ohne jede Not daran kratzt. Ansonsten ist die gestrige Entscheidung nichts weniger als ein vernichtendes Urteil über die politische Kultur in Deutschland in der Vergangenheit. Ohne die regionalen und überregionalen Initiativen wäre Gorleben längst Endlager. Und jetzt ist der Standort plötzlich so ungeeignet, dass er in der ersten Runde rausfliegt. Wenn man zukünftig die demokratische Entwicklung der Bundesrepublik bewertet, dann werden die Siebziger, Achtziger und Neunziger längst nicht mehr so demokratisch aussehen, wie sich das viele eingebildet haben. Da haben vor allem Parteien regiert und versucht durchzusetzen, was sie meinten. Offensichtlich auch gegen wissenschaftliche Bedenken, denn die muss es ja auch damals schon gegeben haben. Es ist eigentlich unfassbar, wie viel Kampf es brauchen kann, bis sich gegen diese Ignoranz und Kungelei durchzusetzen. Es hilft auch gar nichts wenn jetzt viele sagen, das hätten sie alles schon immer gewusst. Es hilft nichts, es zeigt höchstens, dass Andere es nicht wissen wollten und es ist fraglich, ob wir heute so viel weiter sind.

  • 1)früher oder später wird die kernfusion funktionieren-die frage ist nur ob sie rechtzeitig genug funktionieren wird um das co2 problem zu lösen







    es gibt jetzt oder eigentlich schon lange mit dem hb11-reaktor einen neuen ansatz dafür von dem seine befürworter*innen behaupten dass er schneller zum ziel führe als iter



    ein durchbruch in der laser-technologie für den es den nobelpreis für physik gab macht eine idee die nicht neu ist-nun möglicherweise realisierbar :



    www.power-technolo...ew-form-of-fusion/

    schon einige jahre bevor Ich davon erfuhr habe Ich mich gefragt ob man die kernfusion nicht mit einem teilchenbeschleuniger realisieren könne so dass aus einem solchen ein kraftwerk wird

    in den kommentaren zu dem artikel über professor Heinrich Hora s traum



    kommt einer auf dieselbe idee

    "I wonder why lasers. Seems if you want to accelerate a bunch of hydrogen ions you could just use a small proton accelerator and some electromagnetic focusing."

    newatlas.com/energ...sion-clean-energy/

    vielleicht könnte man die protonen auch erst mit einem kreisförmigen teichenbeschleuniger und dann mit einem laser beschleunigen

    zählt man das wasserstoffbombenkraftwerk dessen bau im asteroidengürtel Ich vorschlug und von dem mehrere studenten der physik meinen dass es funktionieren kann mit so gibt es zur zeit also drei verschiedene ansätze zur realisierung der kernfusion im dienst der energieversorgung

    2)solange diese nicht zur verfügung steht-erscheint mir der verzicht auf atomenergie aus kernspaltung in anbetracht dessen dass der allergrösste teil der primärenergie nachwievor fossil ist als eine idiotie der deutschen grünen

    • @satgurupseudologos:

      hier noch ein interview mit professor Heinrich Hora dem erfinder des neuen kernfusionsreaktortyps



      in dem er auch darlegt wieviel ein pilotprojekt kosten würde



      im vergleich zu iter wäre es sehr billig



      es kostet weniger als eine milliarde euro



      die eu sollte ihm die gelegenheit geben so einen kernfusionsreaktor zu bauen .



      asiatimes.com/2020...er-fusion-reactor/

  • Es stimmt zwar, dass wir für den bereits angefallenen Atommüll eh ein sicheres Endlager brauchen -



    das Problem ist, dass bei gesellschaftlicher Akzeptanz eines noch so "sicheren" Endlagers sofort die Stimmen lauter werden, die aus dem Atomausstieg aussteigen wollen, weil die Endlagerfrage ja nun gelöst ist.



    Deshalb wird wohl kein Standort wirklich akzeptiert werden, solange diese Möglichkeit offen ist.

  • Diese ganze vorgebliche "Suche" entbehrt nicht einer gewissen Komik. Niemand will das Zeug vor seiner Haustür haben und zwar ganz egal, wie irgendwelche Gutachten ausfallen. Und egal, welcher Ort dafür auch jemals ausgesucht werden würde, würde genau an diesem Ort der Widerstand inklusive aller dort lebenden Linken und Grünen ganz enorm aufflammen und das weiß auch jeder. Deshalb wird man weiter so tun, alsob man einen "endgültigen" Lagerort suchen würde. Die Fässer mit dem radioaktiven Abfall werden deshalb auch viele, viele Jahre, Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte in diesen komischen turnhallenähnlichen, oberirdischen Gebäuden verbleiben. Ich schwör.

  • Aufatmen kann man wohl erst wenn entweder ein Dual-Fluid-Reaktor tatsächlich funktionieren und hochradioaktiven Atommüll in kurzer Zeit sicher vernichten sollte oder sich doch die Einsicht durchsetzt, dass Atommüll in Sibirien besser aufgehoben ist als im dicht besiedelten Europa.

  • Es ist eine Illusion, zu glauben, einen sicheren Platz für ein Endlager zu finden. Wer glaubt, 1 Mio Jahre seriös überblicken zu können, träumt: Die Alpen heben sich um 2 mm pro Jahr, wären also 2000 m in 1 Mio Jahre. Am Oberrheingraben bricht Europa auseinander, mit 1 mm pro Jahr sinkt die Rheinebene ab.



    Wer die Menschheitsgeschichte der letzten 10.000 Jahre betrachtet, erkennt sofort diesen Irrsinn.



    Was hier als 'seriös' verkauft wird, ist letzten Ende Vogelstraußpolitik nach dem Prinzip: Vergrabts irgendwo, die Nachwelt ist uns egal.



    Vorschlag:



    Die Regionen, die mehrheitlich Atomkraft wollten, sollen sich auch um dessen Müll kümmern, diese tiefschwarzen Baden-Württembergischen und Bayrischen CDU/CSU Hochburgen.



    Das wäre 'wissenschaftlich' gerecht. Oder nach BGB sogar rechtens: Wer den Schaden anrichtet, muss die Folgen tragen.

    • @Unvernunft:

      es gibt ein absolut sicheres endlager für radioaktiven sondermüll

      :den raum zwischen den sternen.



      auf einer sehr sehr langen reise,die so lange dauert dass er längst zerfallen ist-wenn eine raumsonde an ihrem fernen ziel ankommt könnte er sogar eine nützliche funktion als wärmequelle für ein biotop von primitiven algen und zooplankton erfüllen



      die in dem masse in dem die radioaktivität abnimmt durch ein atomkraftwerk ergänzt wird.

      gefährlich ist nur der transport von radioaktiven sondermüll von der erde in den weltraum

      darum sollte man atomkraftwerke am besten im weltraum bauen,damit der radioaktive sondermüll nicht auf der erde entsteht.

      im sonnenfernen asteroidengürtel wären sie von grösster nützlichkeit

      dort kann man mit der energie die sie zur verfügung stellen



      rohstoffe gewinnen und verarbeiten oder aus wasser sauerstoff und wasserstoff für eine knallgasökonomie herstellen



      mit dem knallgas als treibstoff kann man rohstoffe oder auch sauerstoff tanker und wasserstofftanker aus dem asteroidengürtel auf eine geostationäre umlaufbahn um die erde transportieren



      dort kann das knallgas dann als energiequelle für laser dienen die die energie zur erde transportieren.

      das wasser zu dem das knallgas dann wieder wird ist auf einer geostationären umlaufbahn auch sehr nützlich

      so würde atomenergie sauber und sicher

      die nichtradioaktiven zutaten für den bau von atomkraftwerken im weltraum kann man mit grossen kanonen am äquator in den weltraum schiessen



      www.youtube.com/watch?v=wT5Dy2qIRkk

      solche weltraumkanonen sind viel effizienter als weltraumraketen

      wenn man die rohstoffe dafür im asteroidengürtel gewinnt kann man auf der geostationären umlaufbahn grosse solarkraftwerke bauen

      dort scheint die sonne immer und darum werden solarkraftwerke dort viel effizienter sein als auf der erde

      • @satgurupseudologos:

        Jetzt verstehe ich endlich ihren Kommentarnamen.

    • RS
      Ria Sauter
      @Unvernunft:

      Stimme Ihnen zu, in allen Punkten!

    • @Unvernunft:

      Wenn wir so weiter machen wie bisher, muss sich niemand Sorgen, was in 1 Mio. Jahre ist. Dann haben wir in kürzester Zeit ganz andere Sorgen als die Beständigkeit eines Atomendlagers. Das ganze nach dem Verursacherprinzip anzugehen, wäre natürlich trotzdem angebracht. Aber eher bezüglich der Finanzierung des Ganzen. Die wird nämlich mit Sicherheit der Allgemeinheit aufgebürdet werden.

      • @Illson:

        Genau deshalb scheiden die Alpen und deren Vorfeld und der Grabenbruch ja auch aus. Umgekehrt gibt es Regionen, die 50 oder 100 Mio. Jahre stabil sind und die sollten noch 10 bzw. wenigsten 1 Million Jahre halten. Das Zwischenlager Philippsburg mitten im Oberrheingraben kann dort jedenfalls nicht noch 1 Million Jahre weiterbetrieben werden.