Einschüchterung von Umweltschützern: Südtirol hält an Klage fest
Bauern und ein Landrat werfen dem Münchner Umweltinstitut weiter üble Nachrede vor. Das bleibt bei der Kritik am Pestizideinsatz im Obstbau.
Den beiden Pestizidkritikern hatte Schuler üble Nachrede vorgeworfen, weil sie in einer Kampagne den in ihren Augen übermäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf den Apfelplantagen und den Weinhängen Südtirols angeprangert hatten. Schuler dagegen glaubt, in Südtirol sei die Welt in Ordnung. Wer von „Pestizidtirol“ rede, vergehe sich am guten Ruf seiner Bauern und der ganzen Region. Am Dienstag war der erste Prozesstermin gegen Bär angesetzt – und Schuler schien bereit, zurückzurudern.
Das wäre keine Überraschung. Schließlich konnten das Umweltinstitut, der Autor Schiebel und der Oekom-Verlag auf breite öffentliche Unterstützung zählen. 200.000 Menschen hatten den Appell zur Einstellung des Prozesses unterschrieben. Am Dienstag erschienen in den italienischen Tageszeitungen La Repubblica und La Stampa ganzseitige Anzeigen, geschaltet von Umweltverbänden aus 18 Ländern – unter ihnen Greenpeace, WWF, die Deutsche Umwelthilfe, Robin Wood oder Attac –, die unter dem Titel „Die Pestizide vergiften die Meinungsfreiheit“ den „Einschüchterungsversuch“ der Provinz Bozen anprangern und die Rücknahme der Anzeigen fordern.
Doch statt wie angekündigt die Anzeige zurückzuziehen, ließ Landesrat Schuler sich beim Prozessauftakt zusätzlich auch als Nebenkläger registrieren. Das Verfahren nimmt so oder so seinen Lauf. Denn selbst wenn Schuler den Rückzug antreten sollte, wären die beiden Verfahren noch nicht erledigt. Denn außer ihm haben mehr als 1.300 Landwirte Anzeige erstattet. Außerdem müssen sich Bär und Schiebel gegen den Vorwurf der Markenrechtsverletzung verteidigen, weil in der Anti-Pestizid-Kampagne ein verfremdetes Südtirol-Logo zum Einsatz kam; diese Klage kann jedoch nur die Staatsanwaltschaft selbst niederschlagen, da es sich hier um ein Offizialdelikt handelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“