Nur halb so viel Zeit zum Lernen

Eine neue Studie zeigt massive Folgen der Schulschließungen für Kinder. Der Medienkonsum stieg

Während der Coronakrise haben sich Kinder in Deutschland täglich nur halb so lang mit der Schule beschäftigt wie vor dem Lockdown. Statt 7,4 Stunden waren es durchschnittlich nur 3,6 Stunden am Tag, wie aus einer Umfrage des ifo-Instituts hervorgeht, die am Mittwoch in München veröffentlicht wurde.

Demnach haben 38 Prozent der Schü­le­r*in­nen höchstens 2 Stunden am Tag gelernt, bei 74 Prozent waren es maximal 4 Stunden. Gleichzeitig sei die Beschäftigungszeit mit Fernsehen, Computerspielen und Handynutzung von 4 auf 5,2 Stunden täglich gestiegen, hieß es. Vor allem leistungsschwächere Schü­le­r*in­nen ersetzten Lernen durch passive Tätigkeiten. Befragt wurden 1.099 Eltern in Deutschland.

„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass wir unter Beachtung der Schutzmaßnahmen wieder zum normalen Schulunterricht zurückkehren“, erklärte Ludger Wößmann, der Leiter des ifo-Zentrums für Bildungsökonomik. „Wo Schließungen unvermeidlich sind, sollten die Schulen direkt auf Online-Unterricht umstellen.“ Derzeit wird diskutiert, unter welchen Bedingungen der Schulbetrieb nach den Sommerferien wieder aufgenommen werden kann.

Die Eltern sehen die Entwicklung der vergangenen Monate mit Sorge. 64 Prozent denken, dass ihr Kind während der Coronazeit „viel weniger“ gelernt hat, so das ifo-Institut. Gleichzeitig verstärkten sie ihr Engagement: Vor den Schulschließungen verbrachten sie im Durchschnitt eine halbe Stunde pro Tag gemeinsam mit ihrem Kind beim Lernen, während der Coronapandemie verdoppelte sich dieser Wert auf gut eine Stunde. Gleichzeitig geben 38 Prozent der Eltern an, dass die Situation für ihr Kind oder für sie selbst eine große psychische Belastung bedeutete. 28 Prozent sagten, sie hätten sich mehr mit ihren Kindern gestritten als zuvor.

Derweil hat sich die ohnehin schon schleppende Digitalisierung an den Schulen durch die Pandemie weiter verlangsamt. Der staatlichen Förderbank KfW zufolge sei der Investitionsrückstand mittlerweile auf 44,2 Milliarden Euro gestiegen und liege damit 1,4 Milliarden Euro höher als 2018. Zuletzt wollten die Kommunen fast 10 Milliarden Euro in die Schulen stecken, können aber mit ihren Planungen nicht Schritt halten. „Die Coronakrise könnte für die Schulinfrastruktur zu einer langanhaltenden Belastungsprobe werden“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Fehlende Finanzmittel sind ein Risiko für den not­wendigen Schub bei der Digitalisierung der ­Schulen.“ (reuters, epd)