Markus Söders Corona-Management: Hochmut und Fall
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat stets den Corona-Chefchecker gegeben. Nach den Pannen muss er leiser sein. Doch Verwandlungen liegen ihm.
W er viel macht, der macht auch Fehler: So könnte Markus Söder die Panne bei den Coronatests in Bayern eigentlich relativ locker aussitzen. Es ist zwar peinlich und potenziell gefährlich, dass die Behörden 900 positiv getestete Reiserückkehrer tagelang nicht über ihre Testergebnisse informierten. Aber immerhin wurden die Urlauber in Bayern überhaupt systematisch getestet, während andere Länder das lange nicht so dringlich fanden.
Für Söder ist die Testpanne trotzdem ein ernstes Problem, zumal auch die Missstände in einem coronaverseuchten bayerischen Gemüsehof immer deutlicher werden. Tönnies lässt grüßen. Aber Söder ist nicht einer von vielen Coronaentscheidern, die sich durch die Krise wurschteln. Er wirkte seit Beginn der Pandemie besonders fleißig, entschlossen und streng, er inszenierte sich aber auch besonders eitel als Corona-Chefchecker der Republik und Bayern als Mutterland der Corona-Expertise. Söder genießt unverhohlen seine Favoritenrolle unter den möglichen Kanzlerkandidaten der Union und formulierte selbst als Anspruch für dieses Amt: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“ Was als Spitze gegen den angeblich zu lockeren Armin Laschet gemeint war, fällt nun auf Söder selbst zurück.
Wie heikel die Testpanne für den CSU-Chef ist, zeigt seine Absage der lange angekündigten Wattwanderung in Schleswig-Holstein, die viele als Zeichen für bundespolitische Ambitionen interpretierten. Daraus wird nun das Gegenteil: Söder muss in Bayern bleiben! Heißt das: Für immer?
Der oft gehörte Appell, man solle die nötige Corona-Sachpolitik nicht mit der Personalpolitik der Parteien vermengen, ist albern. In einer Zeit, in der es zu gefühlt 90 Prozent um Corona und die Folgen geht, werden natürlich auch potenzielle Kandidaten an ihrer Coronapolitik gemessen. Woran denn sonst?
Schwieriger Rollenwechsel steht bevor
Spätestens seit dem bizarr protzigen Auftritt mit der Kanzlerin im Königsschloss Herrenchiemsee eignet sich Söder für eine Geschichte von Hochmut vor dem Fall wie aus dem Bilderbuch. Seine Rivalen würden daran gerne mitschreiben.
Wenn der Franke aber eins wirklich kann, dann sich selbst verwandeln. So wurde aus dem Asylhardliner ein Unions-Versöhner. Jetzt hat Söder wieder einen schwierigen Rollenwechsel vor sich. Seine Beliebtheit verdankt er vor allem seinem Coronamanagement. Den lauten Angeber kann Söder dabei aber vorerst nicht mehr spielen. Was dann? Einen demütigen Dazulerner? Kaum vorstellbar. Also wird er wohl irgendwie herumlavieren – wie die meisten anderen. Aber reicht das, um die Nummer eins der Union zu bleiben?
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen