: Für das Recht auf Globuli
Integrative Mediziner klagen gegen Ärztekammer Bremen
In Bremen hat 2019 bundesweit die erste Ärztekammer Weiterbildungsangebote für Homöopathie aus ihrem Angebotskatalog gestrichen. Das bedeutet: ÄrztInnen dürfen künftig keine offizielle Zusatzbezeichnung als Homöopath mehr erlangen und tragen. Sieben weitere Landesärztekammern sind dem seither gefolgt. Und nun ist am Freitag ebenfalls in Bremen die bundesweit erste Klage dagegen eingereicht worden.
Sechs Bremer ÄrztInnen klagen beim Verwaltungsgericht „gegen die Einschränkung der Methodenvielfalt“, notfalls wollen sie bis vor das Verfassungsgericht. Als „Versuch eines Rollbacks seitens der Vertreter einer reinen Schulmedizin“ bezeichnen die KlägerInnen die Entscheidung der Ärztekammer, in der sie als „Gruppe Integrative Medizin“ selbst mit einem Sitz vertreten sind.
Die Kammer begründet ihr Tun mit dem Fehlen der wissenschaftlichen Evidenz der Homöopathie für eine Wirksamkeit jenseits des Placebo-Effekts. Einer Klage sehe man gelassen entgegen, denn die Kammer verbiete ÄrztInnen schließlich keine Inanspruchnahme oder Anwendung der Homöopathie.
Genau hier setzen die KlägerInnen juristisch an: Die Kammer habe keinen Beleg für die Zulässigkeit der Streichung der Homöopathie aus den Zusatzbezeichnungen vorgelegt, so deren Begründung, und sie werde dies auch künftig nicht können. Denn das Heilberufsgesetz lasse die Streichung bisher anerkannter Zusatzbezeichnungen nur dann zu, wenn die Voraussetzungen der ursprünglichen Anerkennung nicht mehr vorlägen. Es werde also eine Veränderung der Situation gefordert – und die liege nicht vor.
In der Tat handelt es sich um keine neue Erkenntnis, dass sich in Globuli keine nachweisbaren Wirkstoffe befinden und dass Homöopathie kein Ersatz für Schulmedizin ist. Das soll sie aus Sicht der klagenden ÄrztInnen auch gar nicht sein. Sie wollen sie lediglich auch künftig integrativ, also eingebettet in die Schulmedizin, anbieten dürfen, denn von ihren PatientInnen wünschten „75 Prozent diese Behandlungsformen aufgrund guter Erfahrungen ausdrücklich“.
Simone Schnase
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