Behinderung von Berichterstattung: Gericht hebt Verbot auf
Die Polizei untersagte einem Presse-Fotografen, sich dem Kohlekraftwerk Datteln 4 zu nähern. Er wehrte sich mit Erfolg. Nun dürfen auch andere hoffen.
Die Polizei Recklinghausen ist mit dem Versuch gescheitert, journalistische Arbeit am Kohlekraftwerk Datteln 4 zu behindern. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab am Dienstag in einem Eilverfahren dem Fotografen Björn Kietzmann recht.
Er hatte von der Polizei ein dreimonatiges Aufenthalts- und Betretungsverbot für das Gelände des Kraftwerks und für mehrere Straßen außerhalb des Kraftwerksgeländes erhalten, nachdem er im Februar eine Blockadeaktion auf dem Gelände der umstrittenen Anlage als Journalist dokumentiert hatte. Ob sich der Fotograf damit des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht hat, wird derzeit in einem anderen Verfahren geklärt.
Das Verwaltungsgericht entschied nun, dass die Verbotsverfügung weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig sei. Eine Abwägung fiel zugunsten des Fotografen aus, weil dessen vom Grundgesetz „besonders geschütztes berufliches Interesse“ Vorrang genieße. Zudem ließ das Gericht Zweifel an der generellen Zulässigkeit der Verfügung erkennen. Denn diese betraf auch Gebiete außerhalb des Kraftwerksgeländes, auf denen gar keine Hausfriedensbruch begangen werden kann.
Die Polizei Recklinghausen ließ am Mittwoch auf Anfrage offen, ob sie Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen wird. Man prüfe aktuell das weitere Vorgehen, hieß es. Wenn die Polizei keine Beschwerde einlegt, ist das Aufenthaltsverbot durch die Eilentscheidung faktisch vom Tisch, denn ein mögliches Hauptsacheverfahren würde erst weit nach dem Ende des Verbotszeitraums stattfinden.
Kietzmann begrüßte den Beschluss des Gerichts. Von einer „guten Entscheidung“ sprach auch sein Anwalt Jasper Prigge. „Hier wurde die Pressefreiheit höher bewertet als die angenommenen Gefahren“, sagte er der taz.
Neben Kietzmann hatten mehrere weitere JournalistInnen ähnliche Verbotsverfügungen erhalten, darunter die freie Journalistin Anett Selle, die auch regelmäßig für die taz arbeitet. Diese profitieren nicht unmittelbar von der Entscheidung; allerdings dürfte die Abwägung des Gerichts aufgrund der vergleichbaren Situation in ihren Fällen ähnlich ausfallen.