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Ein bisschen Spannung

Deutschlands Turnerinnen trainieren schon lange wieder. Wie weit sie sind, können sie bei einem Gaudi-Wettkampf namens Turn-Team Battle zeigen

Auch Lara Hinsberger hat sich in die Schlacht der Turn-Teams geworfen Foto: Schreyer/imago

Von Sandra Schmidt

Endlich wieder ein Wettkampf! Nun ja, so eine Art Wettkampf zumindest. Jeweils vier Turnerinnen gingen am Sonntagabend in ihren Trainingshallen in Bergisch Gladbach, Chemnitz und Stuttgart an die Geräte. Die Turn-Team-Battle getaufte Veranstaltung gewannen die Aktiven um Sarah Voss vom Kölner Stützpunkt, der coronabedingt im rheinischen Bergisch Gladbach trainiert. „Das hat Spaß gemacht und war eine lustige Überraschung, einfach mal was anderes zu machen“, resümierte die WM-Balkenfinalistin von 2019.

Einfach mal was anderes machen, vermutlich eine gute Devise in diesen Zeiten. Der 21. Juni hatte sowieso bei allen Turnbrüdern und -schwestern im Kalender gestanden. Es wäre der Tag der Olympianominierung für Tokio gewesen, jener Tag also, an dem es einerseits vier strahlende Gesichter und andererseits viele bittere Tränen gegeben hätte. Doch die Spiele sind ja ins nächste Jahr verschoben. Nun wurde es immerhin für alle Mitglieder des Olympiakaders eine entspannt-fröhliche Veranstaltung. Anstelle der traditionellen Übungen des turnerischen Vierkampfs der Frauen gab es sieben Aufgaben und ein eigens kreiertes Punktesystem. Initiatorin des Ganzen ist Bundestrainerin Ulla Koch, die selbst in Bergisch Gladbach zuschaute: „Ich hab’ die Battles von den Stabhochspringern gesehen und meine erste Idee war, dass wir es wirklich hochkarätig machen, in Europa, und mit den echten Wettkampfübungen.“

Wie anderswo haben auch die Turner nach einer Phase des kompletten Lockdowns das Training längst wieder aufgenommen. Doch bis vor wenigen Wochen noch drohte 2020 ein komplett wettkampfloses Jahr zu werden, was für die Trainingsmotivation nicht gerade förderlich ist. Ein Wettkampf auf Distanz ist besser als gar keiner, dachte sich also Ulla Koch, nicht zuletzt, damit die Sportart und ihre Gesichter – sei es die Olympia-Dritte von Rio Sophie Scheder, die Balkenweltmeisterin von 2017 Pauline Schäfer oder die WM-Dritte 2018 Elisabeth Seitz – nicht vollends in Vergessenheit geraten.

Doch in die Vorbereitung des Battles platzte die Nachricht, dass die Europameisterschaften nun doch stattfinden sollen, kurz vor Weihnachten im aserbaidschanischen Baku, der Heimat des Präsidenten der Europäischen Turn-Union. Kurzum: Es gibt nun wieder ein echtes Ziel und entsprechend will das Training geplant und periodisiert werden; und da passen ganze Wettkampfübungen gerade gar nicht gut rein.

„Die Turnerinnen selbst haben sich dann die Aufgaben ausgedacht“, erklärt Koch, zusätzlich wurde ein Vorschlag aus der Turn-Community, die das Ganze auf sportdeutschland.tv verfolgen konnte, ins Programm genommen.

Pauline Schäfer dreht 18 freie Räder auf dem Schwebebalken in 60 Sekunden

Das hatte dann auch mal mehr und mal weniger mit den Anforderungen im Turnen zu tun: In der ersten Runde galt es, die Verbindung Schapo-Pak, beides Flugelemente am Barren, so häufig wie möglich aneinanderzureihen. „Ich bin ja nervöser als bei meiner WM-Übung“, sagte die 20-jährige Voss noch scherzhaft, bevor die Videoregie, die von den Stützpunkten selbst organisiert wurde, ihr das Startzeichen gab. Die anwesenden Juniorinnen gaben sich aus gebotener Entfernung größte Mühe um lautstarke Anfeuerungsrufe und siehe: Sarah Voss gelang sie fünf Mal während sich Konkurrentin Emma Malewski in Chemnitz gleich beim ersten Versuch vergriff.

In der Folge beeindruckte Pauline Schäfer mit 18 freien Rädern auf dem Schwebebalken in 60 Sekunden, Emelie Petz war die Schnellste bei einer Sprintübung mit integriertem Salto vorwärts und allen Teams gelang ein zirkusmäßiger Balance-Akt mit Magnesium-Klotz auf einem Fuß. Aus der Not könne man halt auch „was ganz Neues erfinden“, sagte Koch im Anschluss zufrieden und „ein bisschen spannend“ sei es ja auch gewesen.

In Bergisch Gladbach wurde der Sieg lachend bejubelt, das obligatorische Gruppenfoto gemacht und dann gab es bunte Schokoladen­äpfel für alle. Eine anstehende Auswertung wird ergeben, ob es im Juli eine zweite Veranstaltung dieser kuriosen Art gibt. Bis zur Europameisterschaft im Dezember ist ja noch Zeit. Am Donnerstag gehen übrigens die Männer in ihr Turn-Team-Battle.

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