Fehde in der Major League Baseball: Verteilungskampf der Millionäre
Die Debatte über einen Neustart im Baseball wächst sich zu einem Grundsatzstreit zwischen Klubbesitzern und Gewerkschaften aus.
G eld ist jedenfalls da. Eine Menge Geld. Erst am Wochenende wurde bekannt, dass die Major League Baseball (MLB) einen Fernsehvertrag verlängern konnte. Die Details des Deals mit Turner Sports wurden nicht veröffentlicht, aber ab 2022 zahlt der Sender statt bislang 350 Millionen Dollar pro Jahr, so wird spekuliert, wohl mehr als 500 Millionen – und dabei geht es nur um ein Paket mit Play-off-Spielen. Die reguläre Saison läuft bei anderen Sendern, die verschiedenen TV-Verträge der Liga summieren sich zu mehr als 1,7 Milliarden Dollar.
„Aber Baseball stirbt doch gerade!“, kommentierte Andrew McCutchen, Star der Philadelphia Phillies, die Vertragsverlängerung mit Turner Sports auf Twitter. Und Brandon Crawford, sein Kollege von den San Francisco Giants, ergänzte: „Ja, die Branche ist nicht wirklich profitabel.“ Die Wortmeldungen waren sarkastisch gemeint. Denn im Baseball ist gerade ein einmaliges Hauen und Stechen zu beobachten, das die Liga in ihrer Existenz bedroht: Die Klubbesitzer und die Spieler verhandeln seit Monaten, ob und wie und ab wann wieder Baseball gespielt werden kann.
Aber die beiden Seiten haben sich seit März keinen Zentimeter aufeinander zubewegt. Die Spielergewerkschaft hat denn auch die direkten Verhandlungen mit Rob Manfred, MLB-Chef und Vertreter der Klubeigner, am vergangenen Freitag erst einmal abgebrochen.
Ein Hornberger Schießen, das den Sport teuer zu stehen kommen könnte. Während andere Ligen längst konkrete Pläne schmieden, die NBA will zum Beispiel am 30. Juli den Spielbetrieb wieder aufnehmen, eskaliert der Streit im Baseball zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung. Vordergründig geht es ums Geld: MLB und Gewerkschaft können sich nicht darauf verständigen, wie die Spieler bezahlt werden sollen. Klar ist, dass in dieser Saison, die eigentlich hätte Ende März beginnen sollen, aufgrund der Coronapandemie nicht die üblichen 162 Spiele pro Mannschaft absolviert werden können. Selbst wenn die reguläre Saison – wie vorgeschlagen – nur 50 oder 60 Spiele umfasst, würden die Play-offs und die World Series im Spätherbst stattfinden – womöglich unter Bedingungen, die für den Sommersport Baseball gänzlich ungeeignet sind.
Klubs fordern mehr Kürzungen
Aber ob es dazu überhaupt kommt, steht in den Sternen. Die Spieler fordern, dass sie ihr ausgehandeltes Gehalt in Relation zu den angesetzten Spielen bekommen. Wer 10 Millionen Jahresgehalt für 162 Spiele im Vertrag stehen hat, würde für 50 Spiele immerhin noch gut drei Millionen erhalten. Eine Milchmädchenrechnung, sagt die MLB: Weil die Spiele ohne zahlende Fans stattfinden, drohen den Klubs weit größere Einnahmeverluste und sie fordern deshalb zusätzliche Gehaltskürzungen.
Dass die Verhandlungen im Vergleich zu den anderen großen US-Sport-Entertainmentbetrieben – oder ja auch den europäischen Fußball-Ligen – so konfliktreich ablaufen, liegt vor allem an der langen Tradition des Profisports Baseball, einer 150-jährigen Geschichte, die von Arbeitskämpfen und gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Klubbesitzern und Spielern geprägt ist. In keinem anderen Sport ist die Spielergewerkschaft so gut organisiert und mächtig. Seit Jahren aber hat diese Gewerkschaft zunehmend das Gefühl, von den Klubbesitzern über den Tisch gezogen zu werden, während die keine Gelegenheit auslassen, über explodierende Kosten, also vor allem die Spielergehälter, zu jammern. Dieser Konflikt bricht nun auf, da die Coronakrise die ökonomischen Grundlagen der Branche angreift.
Sollte keine überraschende Einigung gelingen, droht die Absage der gesamten Spielzeit. Und nicht nur das: Da der Tarifvertrag zwischen MLB und Gewerkschaft Ende 2021 ausläuft, könnte der aktuelle Streit nur ein Vorgeschmack auf einen Arbeitskampf im kommenden Sommer sein. Zwei Jahre ohne Baseball, das aber würde den Sport zweifellos in seiner Existenz bedrohen.
Aber schon jetzt droht ein gewaltiger Imageschaden: In einem Land, in dem immer mehr Menschen wegen Covid-19 arbeitslos werden, wird der Streit zwischen Milliardären und Millionären zusehends mit Unverständnis beobachtet.
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