piwik no script img

Internationaler Tag gegen KinderarbeitAusgebeutet, ungeschützt

Corona wird Millionen weiterer Kinder zur Arbeit zwingen. Schon heute arbeitet fast jedes zehnte Kind weltweit unter unwürdigen Bedingungen.

Bild aus Myanmar: Ein 13-jähriger Junge arbeitet im Straßenbau Foto: picture alliance/Rungroj Yongrit/EPA/dpa

Zum Internationalen Tag gegen Kinderarbeit am 12. Juni warnen Hilfswerke vor einem Anstieg der Kinderarbeit in der aktuellen Corona-Pandemie. „In vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens haben die Lockdowns dazu geführt, dass Erwachsene ihre Arbeit verloren und somit keine Einkünfte mehr haben, so World Vision. „Kinder finden in solchen Situationen häufiger eine Arbeit als ihre Eltern, weil sie für noch geringere Löhne und unter noch menschenunwürdigeren Bedingungen arbeiten.“

Nach einer Befragung von rund 10.000 Familien in sechs asiatischen Ländern berichtet World Vision in einer neuen Studie, dass 8 Prozent der befragten Familien jetzt ihre Kinder zur Arbeit schicken und 4 Prozent zum Betteln. Die UN-Agrarorganisation FAO bestätigt, dass in afrikanischen Ländern mehr arme Familien ihre Kinder zur Arbeit schicken, wenn Schulen schließen und damit die Schulspeisung wegfällt. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef merkt an, dass Tod oder Erkrankung von Eltern in Ländern ohne soziales Netz die älteren Kinder dazu zwingt, deren Rolle zu übernehmen.

Die Weltbank schätzt, dass durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie weltweit dieses Jahr 40 bis 60 Millionen Menschen unter die absolute Armutsgrenze rutschen werden. Unicef nimmt an, dass dadurch 19 Millionen von Kinder zur Arbeit gedrängt werden.

Derzeit geht Unicef von weltweit 218 Millionen arbeitenden Kindern zwischen fünf und 17 Jahren aus. Fast die Hälfte sind jünger als 12 Jahre. 152 Millionen Kinder, also fast jedes zehnte Kind weltweit, arbeitet unter unwürdigen Bedingungen, zumeist in Afrika und Asien und zu 70 Prozent in der Landwirtschaft. Zu den „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ zählt die Internationale Arbeitsorganisation ILO Sklaverei sowie Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldaten, Kinderprostitution und Kinderpornografie.

Kinderarbeit nicht verboten

Während Jungen in der Industrie oder im Bergbau von staatlichen Regulierungen geschützt werden können, sofern diese greifen, arbeiten Mädchen oft in Privathaushalten, wo sie unerfasst bleiben und sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind. In der Subsistenzlandwirtschaft armer Länder ist es üblich, dass alle Familienangehörige mitarbeiten, sobald sie laufen können.

Kinderarbeit ist nicht verboten. Die UN-Kinderrechtskonvention von 1999, die alle Staaten außer die USA ratifiziert haben, erkennt „das Recht des Kindes an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnte“. Bereits seit 1973 verpflichtet ein ILO-Übereinkommen alle Staaten, ein Mindestalter für Beschäftigung gesetzlich festzuschreiben. Es variiert meist zwischen 14 und 16 Jahren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Zitat: „Kinder finden in solchen Situationen häufiger eine Arbeit als ihre Eltern, weil sie für noch geringere Löhne und unter noch menschenunwürdigeren Bedingungen arbeiten.“



    Herr Schäuble hatte zur C-Pandemie gemeint, dass er die Würde höher ansieht, als das Leben. Herr Seehofer wiederum sieht die Würde von der Polizei bedroht, wenn sie zur Arbeit auf den Müllhalden herangezogen würde. Der Grundrechtereport sieht die Würde von Unionsbürger_innen bedroht, wenn die von Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Ich sehe die Würde von Kindern bedroht, wenn sie, um das Leben und Einkommen Ihrer Eltern zu schützen, auf Müllhalden arbeiten, weil sie kein Geld aus deutschen Sozialsystem bekommen. Jegliche_r Geist/Vernunft - jegliches Herz - sollte für die Menschen und nicht für die Parteiraison oder die Nationalstaaten bzw. für die Toten da sein, auch wenn die hohen Beamt_innen und Politiker_innen da vielleicht anders denken.