Gefangene ohne Gewerkschaft

Die einst viel beachtete Berliner Gefangenengewerkschaft steckt in einer Krise. Solidaritätsgruppe gibt ihre Unterstützung auf

Von Peter Nowak

Um die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisa­tion (GG/BO) war es in der letzten Zeit ruhig geworden. Kürzlich hat die Berliner Solidaritätsgruppe, die die Forderungen der gewerkschaftlich organisierten Gefangenen außerhalb der Knastmauern unterstützt, in einem der taz vorliegenden Papier ihre Umbenennung bekannt gegeben. Sie will künftig unter dem Namen Criminals For Freedom (CfF) für die Abschaffung des Gefängnissystems eintreten.

„Unser Hauptanliegen, die GG/BO und damit Kollektivkämpfe zu unterstützen, ist faktisch nicht mehr möglich, weil es in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-­Holstein und Baden-Württemberg keine GG/BO mehr gibt“, heißt es zur Begründung. Das Konzept der GG/BO, dass sich Inhaftierte auf gemeinsame Ziele einigen, an die Öffentlichkeit treten und Aktionen planen, greife daher für die fünf ­Bundesländer nicht mehr. Es gebe nur Einzelkämpfe Gefangener.

Damit wollten die drei Gefangenen Schluss machen, die am 21. Mai 2014 in der JVA Tegel per Handschlag die Gewerkschaft gegründet hatten. Ihre Forderungen: Mindestlohn, Sozialversicherung und Gewerkschaftsfreiheit auch hinter Gittern. Die gewerkschaftliche Organisierung in den Gefängnissen fand bundeswei große Resonanz. Oliver Rast, einer der Tegeler Mitbegründer, sieht es als Erfolg der GG/BO, dazu beigetragen zu haben, dass die „Niedriglohnzone Gefängnis“ in Deutschland öffentlich thematisiert wurde. Selbst die konservative FAZ hatte damals kritisch darüber berichtet, dass hinter Gittern Menschen für Stundenlöhne von 1,81 Euro schuften müssen.

Die Gründe für die Krise der GG/BO liegen für die ehemalige Soli-Gruppe auch am Umgang der Gefängnisbehörden mit der Organisation. Gefangenen sei immer wieder klargemacht worden, dass der Kontakt mit der Soligruppe negative Konsequenzen nach sich ziehen könne. Die Kommunikation sei überwacht worden. „Wenn Gefangene trotzdem mit uns in Kontakt waren, folgten oft Disziplinarmaßnahmen wie vermehrter Einschluss“, berichten die AktivistInnen.

Anders als in Berlin arbeitet die Soli-Gruppe der GG/BO in Jena weiter und hat in der Coronakrise, die Gefängnisse besonders trifft, ihre Unterstützung sogar noch verstärkt.