Pandemie und Emissionen: Rettet Corona das Klima?
Der CO2-Ausstoß wird wohl um 5 Prozent sinken. Klingt wie eine gute Nachricht. Aber der Effekt könnte verpuffen oder gar umgekehrt werden.
Die wirtschaftliche Leistung und die Produktion sind in vielen Ländern stark zurückgegangen. Auch der Flugverkehr hat sich massiv reduziert. Weder der Fall der Sowjetunion noch Öl- oder Finanzkrisen der vergangenen 50 Jahre hätten einen solchen Einfluss gehabt wie die momentane Krise, sagte Jackson. Zuletzt hatte es während der Finanzkrise 2008 einen Rückgang des CO2-Ausstoßes gegeben. Damals hatte er 1,4 Prozent betragen. Auch der Ausstoß von Stickstoffdioxid (NO2) ist gesunken, wie unter anderem von der NASA veröffentlichte Satellitenbilder über China zeigten.
Janne Görlach, Sprecherin der Denkfabrik Agora Energiewende, stellte gegenüber der taz jedoch klar: „Diese 5 Prozent sind absolut kein Grund zur Freude. Erstens ist der Grund nicht erfreulich und zweitens funktioniert nachhaltiger Klimaschutz nicht so.“ Die Denkfabrik geht für Deutschland sogar von einem Rückgang der Emissionen von 40 bis 45 Prozent aus. Der Rückgang durch die Coronakrise sei jedoch ein „Einmaleffekt“ und bringe dem Klima langfristig nichts. So sei es auch nach der Finanzkrise 2009 gewesen, ergänzte Görlach.
Die Gefahr: Die Konjunkturprogramme, die im Zuge der Corona-Krise aufgelegt werden, fördern alte klimaschädliche Techniken. „Wenn das geschähe, müssten wir in den nächsten Jahren mit steigenden Emissionen rechnen.“ Deshalb sei es wichtig, dass die Programme auf Klimaneutralität gepolt werden. Sprich, dass klimafreundliche Techniken gefördert werden.
Grüne Investitionsprogramme
Wenn solche „grünen Investitionsprogramme“ entwickelt werden, könne ein „nachhaltiger Effekt“ eintreten und der „Pfad hin zur Klimaneutralität“ eingeschlagen werden, so Görlach. Die Regierung könne Investitionen in die öffentliche Infrastruktur an klimafreundliche Technologien knüpfen. Beispielsweise, in dem sie bei Bauvorhaben zusehends klimaneutralen Stahl verwendet. Momentan sind klimaschädliche Produkte noch billiger. Sie appelliert: „Da müssen noch die Hausaufgaben gemacht werden, damit die Ziele des Pariser Klimaabkommen erreicht werden können.“ In Deutschland und weltweit.
Denn überall auf der Welt werde es nach der Krise Konjunkturprogramme geben. Diese müssten die Wirtschaft dauerhaft aus der Krise führen. „Das heißt, sie müssen auch klimasicher sein. Investitionen in alles, was Kohle und Öl verbraucht, sind hingegen Investitionen in die Vergangenheit. Dieses Geld droht verloren zu gehen“, mahnt Görlach.
Die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris hatte zwar Anfang des Jahres verkündet, dass 2019 die Emissionen durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas nicht gestiegen sei. Doch war bei dieser Berechnung nur der durch die Industrie verursachte CO2-Ausstoß berücksichtigt worden, aber nicht der durch Waldbrände oder von anderen Treibhausgasen wie Methan. China hat indes bereits angekündigt, die Produktion in den Fabriken wieder hochzufahren. Das Land stößt mit 11 Milliarden Tonnen CO2 knapp 30 Prozent der weltweiten Emissionen aus.
Zusätzlich werden auch mehr als 5 Prozent in nur einem Jahr nicht ausreichen, um die Klimaziele des Pariser Abkommens einzuhalten. Damit die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter nicht 1,5 Grad Celsius übersteigt, müssten die weltweiten CO2-Emissionen laut dem UN-Umweltprogramm (UNEP) zwischen den Jahren 2020 und 2030 im Schnitt jährlich um 7,6 Prozent zurückgehen. (mit rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind