Starker Staat, schwache Server und kreative Ideen

Bundesregierung, kommunale Träger und diverse Initiativen bieten Finanzhilfen für Selbstständige und kleine Unternehmen

Es tut sich was. Am Montag bewilligte das Bundeskabinett ein milliardenschweres Hilfspaket zur Überbrückung der Coronakrise. Ein beachtlicher Teil dieses Gesetzentwurfs des Finanz- und Wirtschaftsministeriums sieht auch finanzielle Hilfen für die Kulturbranche, speziell für Freiberufler und Kleinstunternehmen vor. Durch die Absage von Buch- und Kunstmessen, Lesungen, Dreharbeiten, Konzerten und Ausstellungen treffen die Folgen der Pandemie den Kulturbereich besonders hart. Mit Liquiditätshilfen sollen Kulturschaffende und Künst­le­r*in­nen, denen viele Monatseinkommen ersatzlos ausbleiben, in der Krise unterstützt werden.

Der Berliner Senat hatte bereits vergangenen Donnerstagabend Soforthilfen beschlossen. Keine Stadt beheimatet mehr Soloselbstständige und Kleinstbetriebe. 600 Millionen Euro wurden zur Verfügung gestellt, bis zu 5.000 Euro sollen Freischaffende erhalten, schnell und unbürokratisch. Zu beantragen sind die Hilfen online, auf der Website der landeseigenen Investitionsbank, deren Server aber erst einmal aufgrund der vielen Anträge für einige Zeit zusammenbrach.

Dass nun die Soforthilfe auf Bundesebene beschlossen wurde, hat auch viel mit dem großen öffentlichen Druck zu tun, der in den vergangenen Tagen und Wochen aufgebaut wurde. So konnte eine Petition, die an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gerichtet ist und Hilfen für Freiberufler und Künstler während des Corona-Shutdowns fordert, bis Dienstag 275.622 Unterschriften sammeln. Initiator David Erler ist selbst freiberuflicher Sänger. Er warnt: „Die Gesellschaft mag für einige Zeit auf kulturelles Leben verzichten können, aber tut sie es zu lange, könnte am Ende niemand mehr da sein, der es wiederaufleben lassen könnte.“

Die Initiative #KunstNothilfe wiederum verfolgt einen anderen Ansatz. Sie sammelt auf der Onlineplattform elinor, die gemeinsam mit der Genossenschaftsbank GLS gegründet wurde, Spenden für ein demokratisch verwaltetes Gruppenkonto. Von diesem können jetzt existenziell bedrohte Kreative und Kulturschaffende Nothilfe beziehen. „Zur Kultur- und Kreativwirtschaft gehören 256.000 Unternehmen. Daneben sind rund 600.000 Selbstständige, einschließlich der Künstlerinnen und Künstler in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig. Darunter sind rund 340.000 sogenannte Miniselbstständige mit einem Umsatz unter 17.500 Euro pro Jahr“, berichtet der Pressesprecher der Genossenschaftsbank Julian Mertens. Bislang wurden rund 27.000 Euro gespendet.

Das Hilfspaket, das nun auf den Weg gebracht wurde, spielt in einer anderen Liga. Es ist 156 Milliarden schwer. Der Kultur-, Medien- und Kreativbereich soll dabei mit 50 Milliarden Euro, also nahezu einem Drittel des Pakets, unterstützt werden. Auch deswegen wurde der Rettungsschirm bisher überwiegend positiv bewertet. Der Deutsche Kulturrat etwa lobte ihn als wichtiges Signal.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) betonte, dass man niemanden im Stich lassen werde. Und führte weiter aus: „Unsere demokratische Gesellschaft braucht in dieser bis vor Kurzem unvorstellbaren historischen Situation ihre einzigartige und vielfältige Kultur- und Medienlandschaft.“ Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte in einem Statement, er sei sehr froh, dass die Bundesregierung so schnell handelt. „Vor allem, dass sie die Soloselbssttändigen, also auch freiberuflichen Künstlerinnen und Künstler, sowie besonders die kleinen kulturwirtschaftlichen Unternehmen im Blick hat, denen in der Regel mit Krediten wenig geholfen ist.“ Doch er sieht noch weitere zu bewältigende Aufgaben. Der Bundeszuschuss für die Künstlersozialkasse müsse auf 50 Prozent angehoben werden. Außerdem müsse jetzt, nachdem die Nothilfe auf den Weg gebracht wurde, über ein spezielles Kulturförderprogramm in Zeiten der Krise gesprochen werden.

Marlene Militz