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Den Mustern zum Trotz

Über gelungene Integration und ihre Hürden diskutieren die Ethnologin Susanne Schröter und die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan auf dem taz lab

Islamophobie, Identitätsfallen, Rassismusvorwürfe, Opferperspektiven und gesprengte Veranstaltungen zum muslimischen Kopftuch – die Debatte über Migration und Integration ist auch 15 Jahre nach der Leitkulturdebatte aufgeheizt. „Wir können beobachten, dass mit der zunehmenden Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft und mit der zunehmenden Sichtbarkeit im öffentlichen Raum, in beruflichen Positionen sowie in Kunst und Kultur die Abwehr gegen diese Gruppe ansteigt“, sagt Naika Foroutan.

Sie ist Professorin für Inte­grationsforschung und Gesellschaftspolitik an der HU Berlin und leitet das Deutsche Zen­trum für Integrations- und Migrationsforschung. In ihrem Buch „Die postmigrantische Gesellschaft“ beklagt sie: Man fordere, dass Migranten Deutsch lernen und erkenne sie dann trotzdem nicht an. Dies zeige sich auch beim Tragen eines Kopftuchs, das trotz Religionsfreiheit abgelehnt werde.

„Es gibt in der Gesellschaft einen historisch und strukturell verankerten Rassismus und Sexismus. Forderungen von Frauen und Minderheiten, in Sprache und Struktur repräsentiert zu sein, erfordern nun, diese eingeschliffenen Muster zu ändern. Das löst Aggressionen aus“, sagt Foroutan im taz-Interview. Ihre Forderung: „Wir brauchen eine Integrationspolitik für alle. Eine radikale Quotierung, auch für Ostdeutsche … Ich glaube an die Quote, ich glaube an Gesetze.“ Foroutan plädiert dafür, „postmigranisch zu denken“. Dazu sei es notwendig, hinter die Migrationsfrage zu schauen und „den Fokus auf gesellschaftspolitische Kernkonflikte um Anerkennung, Chancengerechtigkeit und Teilhabe zu lenken“.

Die Ethnologin und Islamforscherin Susanne Schröter hingegen forscht im muslimischen migrantischen Milieu. Sie benennt und kritisiert pa­tria­r­chale Strukturen in islamischen Gesellschaften. In ihrem neuen Buch, „Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“, setzt sich Schröter, die seit 2008 das Forschungszentrum Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität leitet, mit dem islamischen Fundamentalismus in Deutschland auseinander. Ihre These: Der politische Islam ­breitet sich nicht nur in arabischen Ländern aus, sondern auch immer mehr in Deutschland und wird zum Integrations­hin­dernis.

Schröters Forderung: Der politische Dialog und die Integrationsbemühungen hierzulande dürften sich nicht auf die muslimischen Dachverbände fokussieren. Säkulare und liberale Muslime müssten trotz organisatorischer Schwierigkeiten einbezogen werden. Sie zeigt an zahlreichen Beispielen, dass der Staat für Integrationsprojekte mit problematischen Organisationen zusammenarbeitet. Der Streitpunkt: „Kritik am politischen Islam gerät schnell unter Rassismusverdacht. Besonders die politische Linke lässt viel zu häufig eine falsch verstandene Toleranz walten. Man möchte den Islam nicht mit negativen Dingen in Bezug bringen, fokussiert stattdessen auf Islamfeindlichkeit oder die Diskriminierung von Muslimen“, sagt Schröter.

Für Foroutan lenkt die Debatte hingegen von der wesentlicheren Frage nach gesellschaftlicher Teilhabe ab. Mehr noch: Die Fokussierung auf die Verwerfungen des politischen Islam berge die Gefahr, dass auch die nicht radikale muslimische Mehrheit ausgegrenzt werde oder sich von der Gesellschaft abwende. Edith Kresta und Eva Berger

Naika Foroutan und Susanne Schröter diskutieren gemeinsam mit den taz-Redakteurinnen Edith Kresta und Eva Berger auf dem taz lab.

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