Parlamentswahl in Peru: Debakel für Opposition
Die rechtspopulistische Fuerza Popular stürzt ab. Die anderen zentristischen Parteien dürften Schwierigkeiten haben, eine Mehrheit zu bilden.
Von den 21 Parteien schafften zehn den Sprung über die Fünfprozenthürde. Stärkste Fraktion wurde die rechtskonservative Acción Popular mit 10,1 Prozent der Stimmen. Für eine Überraschung sorgte die evangelikal-fundamentalistische Frente Popular Agrícola, die mit 8,9 Prozent landesweit zweitstärkste Kraft wurde. Mit 7,5 Prozent kam die rechtsliberale Partido Morado auf Platz fünf. Sie steht der Regierung von Präsident Martín Vizcarra nahe.
Aufgerufen zur Stimmabgabe waren rund 24,8 Millionen Wahlberechtigte. Wegen der Wahlpflicht lag die Beteiligung bei rund 80 Prozent, obgleich der Wahlkampf von einem großen Desinteresse der Bevölkerung geprägt war. Die Wahl war notwendig, nachdem Präsident Vizcarra im vergangenen September das Parlament aufgelöst hatte. Die 130 neuen Abgeordneten des Einkammerparlaments sind anderthalb Jahre im Amt und vollenden die seit 2016 laufende Legislaturperiode.
„Stimmen Sie für Kandidaten, die gegen Korruption und für die Aufhebung der parlamentarischen Immunität bei Straftaten eintreten“, hatte Vizcarra vor der Wahl gesagt, was ihm eine Rüge der Nationalen Wahlkommission einbrachte, die ihn an seine von der Verfassung vorgeschriebene Neutralität erinnerte. Nach den letzten Umfragen kann Vizcarra auf die Zustimmung von knapp 60 Prozent der Bevölkerung setzen.
Spannungen mit dem Parlament
Der Präsident muss künftig für jedes seiner Vorhaben mit dem zersplitterten Parlament verhandeln. Vizcarra verfügt weder über eine eigene Partei noch über eine eigene Fraktion im Parlament. Zunächst Vizepräsident, hatte er das Amt März 2018 von Pedro Pablo Kuczynski übernommen, der wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste.
Vizcarras Ankündigung, mit der Korruption aufräumen zu wollen, führte unmittelbar zu Spannungen mit dem Parlament. Vor allem die Fuerza Popular stellte sich quer. Zum Knall kam es im vergangenen September, als die Wahl einiger Richter*innen zum obersten Verfassungsgericht anstand. Vizcarra wollte verhindern, dass die Parlamentarier*innen solche Jurist*innen auswählen, die ihnen einen laxen Umgang mit ihren Korruptionsaffären garantierten.
Der Präsident erklärte die Abstimmung im Parlament über ein transparenteres Ernennungsprozedere zur Vertrauensfrage. Die Mehrheit lehnte ab. Im Gegenzug löste Vizcarra das Parlament auf. Die Parlamentarier*innen widersetzten sich, erklärten den Präsidenten für ab- und seine Vizepräsidentin für eingesetzt. Als sich die Streitkräfte geschlossen hinter Vizcarra stellten, ruderten sie zurück.
All das sind Nachbeben des Odebrecht-Skandals, der Peru vor drei Jahren schwer erschütterte. Damals wurden die Ermittlungsergebnisse eines New Yorker Gerichts bekannt, nach denen der brasilianische Baukonzern Odebrecht von 2001 bis 2015 rund 790 Millionen US-Dollar Schmiergeld an Politiker und deren Strohmänner in mindestens zehn lateinamerikanischen Ländern verteilt haben soll, um sich öffentliche Aufträge zu sichern. Davon sollen 29 Millionen Dollar nach Peru geflossen sein.
Unter Hausarrest
Keines der 46 Ermittlungsverfahren in Sachen Korruption, die in den vergangenen Jahren eingeleitet wurden, hat bisher zu einem Gerichtsverfahren geführt. Ermittelt wird nicht nur gegen zahlreiche Abgeordnete, sondern auch gegen die drei Ex-Präsidenten Ollanta Humala (2011–2016), Pedro Pablo Kuczynski (2016–2018) und Alejandro Toledo (2001–2006).
Während Humala und Kuczynski im Hausarrest auf ihre Prozesse warten, sitzt Toledo in den USA in Auslieferungshaft. Der ehemalige Präsident Alan García (1985–1990, 2006–2011) hatte sich im April 2019 seiner Festnahme durch Suizid entzogen.
Keiko Fujimori wurde Ende November nach 13 Monaten Untersuchungshaft zwar entlassen. Gegen die Tochter des früheren Präsidenten Alberto Fujimori (1990–2000) wird jedoch weiter ermittelt. Ihr wird vorgeworfen, für ihre Kampagne zur Präsidentschaftswahl 2011 vom brasilianischen Baukonzern Odebrecht 1,2 Millionen Dollar erhalten zu haben.
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