: Mit Eis und Feuer
Der neue Trainer Uwe Rösler entfacht bei Fortuna Düsseldorf Mut und schafft Wohlgefühl. Nur an der Präzision fehlt es noch
Aus Düsseldorf Andreas Morbach
Die Feuertaufe als Bundesligatrainer war seit gut einer Stunde vorüber, als Uwe Rösler seinen ersten Witz im neuen Job platzierte. Beim 1:1 gegen Frankfurt hatte Schiedsrichter Frank Willenborg Röslers Düsseldorfern kurz nach der Pause erst einen Treffer durch Opoku Ampomah wegen einer Abseitsposition wieder weggenommen. Und dann in der dritten Minute der Nachspielzeit den für die Eintracht überaus glücklichen Ausgleich akzeptiert. Beide Szenen entschied der Referee unter Zuhilfenahme des Video-Assistenten. Woraufhin Rösler scherzte: „Das ist der Hauptgrund, warum ich nach Deutschland gekommen bin – um mich dem Videobeweis zu stellen.“
Ganz ernst meinte der 51-Jährige jedoch all das Lob, das er nach Fortunas erstem Punktgewinn im neuen Jahr über seinem Rasenpersonal ausschüttete. Am Mittwoch war Rösler als Nachfolger von Friedhelm Funkel vorgestellt worden, am Samstag schwärmte er schon: „Ich habe noch nie eine Mannschaft erlebt, die innerhalb so kurzer Zeit einen Matchplan so gut umgesetzt hat.“ Angesichts seiner bislang acht Trainerstationen in Norwegen, England und Schweden eine beachtliche Aussage – die die neu erweckten Lebensgeister bei den Rheinländern am besten beschrieb.
Röslers Frankfurter Kollege Adi Hütter rätselte nach dem sehr dürftigen Auftritt seiner Elf noch darüber, ob die starke Partie der Düsseldorfer eher deren Verdienst war – oder doch mehr der Schwäche der Eintracht geschuldet. Die hatte sieben Tage zuvor noch den inzwischen gestürzten Spitzenreiter Leipzig bezwungen, sodass Hütter nun zumindest feststellte: „In der Bundesliga gibt es viele Spiele, wo man beim Zuschauen nicht weiß, welche Mannschaft vorne steht und welche hinten.“
Gästekeeper Kevin Trapp hatte die verkehrte Welt in der Arena am Rheinufer zuvor auf die Spitze getrieben, als er urteilte: „Man muss Düsseldorf loben, dass sie in ihrer Situation so gespielt haben. Man hätte fast glauben können, dass wir Letzter sind – und nicht sie.“ Die Gelegenheit, den Abstiegsrängen mit einem Sieg zu entrinnen, hatten sich die Fortunen durch ihre einzige Nachlässigkeit in der Abwehrarbeit vermasselt. Die nutzte Timothy Chandler bei einem Freistoß in der Extrazeit zum Ausgleich. Die positive Stimmung wollte sich Kaan Ayhan, der die Gastgeber zwölf Minuten vor Schluss mit einem abgefälschten Freistoß in Führung gebracht hatte, dadurch aber keinesfalls nehmen lassen.
Kaan Ayhan
„Heute hat noch nicht alles geklappt, sonst hätten wir gewonnen. Anderseits weiß ich nicht, wann Fortuna das letzte Mal gegen so einen Gegner so Fußball gespielt hat“, betonte Düsseldorfs Abwehrchef, der berichtete: „Ich habe mich heute auf dem Platz 93 Minuten lang überragend gefühlt.“ Für dieses Wohlgefühl verantwortlich waren vor allem zwei Mittelfeldakteure: der Österreicher Kevin Stöger, der nach auskuriertem Kreuzbandriss in den ersten beiden Rückrundenspielen jeweils erst Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt worden war, diesmal aber von Beginn an spielte. Und der frisch von Lazio Rom entliehene kosovarische Nationalspieler Valon Berisha, der mit guten Ideen, starker Präsenz und aufopferungsvollem Einsatz überzeugte.
Ihr größtes Manko, die oft unpräzise ausgespielten Konter, raubte der Fortuna letztlich einen echten Glückstag – und Uwe Rösler einen Traumeinstand als Bundesliga-Coach. „Wir sind fünf Mal ins Abseits gelaufen“, machte der gebürtige Thüringer diesen Makel an einem statistischen Detail fest – und schwang sich bei der Gelegenheit mal eben zum Herrn der Elemente auf.
„Wir brauchen Feuer und Eis – das Eis haben wir noch nicht hundertprozentig gezeigt“, bemängelte er bei seinen Spielern die fehlende Coolness nach der Führung, die Ungenauigkeiten im letzten Spielfelddrittel und die Furcht vor dem Torschuss. Arbeit bleibt auch für den Nachfolger von Trainer-Methusalem Funkel genug. Unabhängig davon aber hielt Rösler fest: „Wenn wir weiter so spielen, können wir einiges schaffen.“
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