piwik no script img

Trumps Kulturstätten-TweetIraner kontern mit Schönheit

Trump droht, Kulturstätten im Iran zu zerstören – ein mögliches Kriegsverbrechen. Aus Protest posten Iraner:innen auf Twitter ihre Lieblingsorte.

Sonst ein touristisches, für Trump eine militärisches Ziel: Persepolis, Unesco-Weltkulturerbe Foto: Vahid Salemi/ap/dpa

BERLIN taz | Die Farben des Iran bestehen nicht nur aus dem Ocker des Wüstensandes und der Steppe, sondern auch aus dem Blau und Türkis der unzähligen Moscheen und Schreine etwa in der zentraliranischen Metropole Isfahan oder dem pinken Licht im Innern der berühmten Nasir-ol-Molk-Moschee in Schiras.

Nicht weit von Schiras steht auch der archäologische Komplex Persepolis aus dem Jahr 520 vor Christus. Einst eines der Zentren des Perserreichs, ist es heute Unesco-Weltkulturerbe. Für Tourist:innen gehört Persepolis zu den Top-Zielen im Land.

Ausgerechnet Kulturstätten wie diese stehen auf einer Liste von potenziellen Angriffszielen des US-Präsidenten Donald Trump, wie er am Samstag auf Twitter verkündete. Würde der Iran nach der Tötung von General Qasim Soleimani in einem Racheakt US-Bürger:innen im Irak angreifen, habe er wiederum 52 Ziele ausgemacht, die er „sehr schnell und sehr hart“ dem Erdboden gleichmachen würde.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Zahl 52 wählte Trump nicht zufällig. Sie „repräsentieren die 52 US-amerikanischen Geiseln, die Iran vor vielen Jahren genommen hat“, schreibt er. Damit spielt er auf ein Ereignis vor rund 40 Jahren an: 1979 hatten iranische Student:innen für 444 Tage die US-Botschaft in Teheran besetzt und die Geiseln genommen. Sie protestierten gegen die Aufnahme des gestürzten Schahs Reza Pahlavi in den USA.

Eine Ankündigung von Kriegsverbrechen

Trump ist sich bewusst, wie wichtig die Kulturstätten für viele Iraner:innen sind. „Einige davon sind sehr wichtig für den Iran und die iranische Kultur“, schreibt er auf Twitter. Das zeigt auch der Hashtag #IranianCulturalSites, unter dem gerade viele Iraner:innen ihre Lieblingskulturstätten des Landes posten.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Ankündigung Trumps ist nach Ansicht von Expert:innen ein Verstoß gegen das Völkerrecht, denn sie würde die territoriale Souveränität eines Landes verletzten. „Und das ist nach der UN-Charta der Vereinten Nationen verboten“, sagte der Völkerrechtler Alexander Schwarz der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Es wäre ein Kriegsverbrechen.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Menschen im Iran mögen – anders als Staat und Revolutionsgarden es im Staatsfernsehen darstellen – unterschiedlich zum Tod Soleimanis stehen. Unter dem Hashtag #IraniansDetestSoleimani sammeln sich auch viele kritische Stimmen, die den Tod des Generals gutheißen. Aber die Zerstörung von Kulturgütern dürfte die Mehrheit der Iraner:innen verurteilen.

„Der schnellste Weg, alle politischen Fraktionen im Iran gegen sich zu vereinigen, ist, jenen General zu töten, der den Kampf Irans gegen den IS anführte“, schreibt die Iran-Korrespondentin des Independent Negar Mortazavi auf Twitter. „Der schnellste Weg, Iraner:innen aus allen Teilen der Gesellschaft zu vereinen, ist es, damit zu drohen, ihr Kulturerbe zu zerstören.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Es ist enttäuschend, dass die TAZ drei Tage benötigt, um auf diese unglaubliche Drohung des Barbaren aus dem Weissen Haus zu reagieren und dann sich auch noch auf die Ansicht von Expertinnen berufen zu müssen glaubt, um sich von dieser Drohung zu distanzieren. Braucht es wirklich erst eine Charme-Offensive der Iraner, bevor man bei der TAZ wach wird. Wie war das noch bei den Taliban, als sie Kulturstätten angriffen: Da fühlten wir uns noch alle angegriffen. Jetzt soll das anders sein? Es ist nicht umsonst bei vielen dieser Kulturstätten vom WELTKULTURERBE die Rede. Und wenn es je gelingen sollte, so utopisch es klingen mag, dass wir uns in dieser Welt zusammenraufen, dann ist nichts nötiger als der Kampf um die Erhaltung dieses internationalen Erbes. Gegen dieses positive Erbe bezieht sich Trump mit seinen 52 Zielen auf den negativen Mythos einer nationalen Beleidigung der USA, die noch dazu selbst verschuldet war: die Besetzung der US-Botschaft in Teheran. Auf welche Erzählung wir im Westen uns beziehen wollen, wird für die weitere Entwicklung in den nächsten Tagen bedeutsam sein.

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Könnte es sein, liebe TAZ, dass diese Kulturstätten nicht nur für die Iraner wichtig sind, sondern für Menschen auf der ganzen Welt. Und dass ein Angriff auf diese Kulturstätten ein Verbrechen gegen die Menschheit wäre? Oder denkt Ihr schon in denselben Kategorien wie Trump? Trump ist ein Taliban!

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Der Irre im weißen Haus begibt sich auf das Niveau des IS und hat jedes Maß verloren. "Westliche Werte" bedeuten auch den Schutz islamischer Kulturgüter, selbst im Kriegsfall. Wer da noch gegen die Amtsenrhebung ist, wird mitschuldig...

    • @84935 (Profil gelöscht):

      Was hat dieser Schwachsinn mit dem Schwachsinn der Amtsenthebung zu tun?

      Hier droht Trump mit Kriegsverbrechen.



      Beim Impeachment geht es darum, dass er Korruptionsermittlungen gegen Politiker eingeleitet haben wollte.



      Noch verschiedener könnten zwei Themen kaum sein.

      • 8G
        84935 (Profil gelöscht)
        @Franz Georg:

        Stimmt, das ist der Fehler des Impeachments, dass nur eher marginale Teilaspekte dieser vielfältig gestörten Präsidentschaft zur Debatte stehen.