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Schwimmendes AKW in RusslandAkademik Lomonossow ist am Netz

Im Nordosten Russlands liefert das erste schwimmende Atomkraftwerk Strom. Anti-Atom-Aktivist*innen werden bei Kritik kriminalisiert.

Hier noch in Murmansk: Die „Akademik Lomonossow“ Foto: dpa

Kiew taz | Russlands erstes schwimmendes Heizkernkraftwerk, die „Akademik Lomonossow“, ist am Netz. Am Donnerstag begannen in der Kleinstadt Pewek in Tschukotka im äußersten Nordosten Russlands die Lichter des städtischen Weihnachtsbaumes zu leuchten – der Strom kam aus dem schwimmenden Atomkraftwerk.

Kurz zuvor war das schwimmende Atomkraftwerk an seinem Bestimmungsort, dem Hafen von Pewek, eingetroffen. 2020 werde die gesamte Stadt Pewek vom schwimmenden Kraftwerk versorgt werden, kündigte der Atomkonzern „Rosatom“ auf seinem Internet-Portal an. Nun sei die „Akademik Lomonossow“, berichtet der Konzern stolz, das nördlichsten Atomkraftwerk der Welt. Im August war es vom russischen Nordmeerhafen Murmansk aus in das 4.700 Kilometer entfernte Pewek gestartet.

Es soll ein Schlüsselinstrument beim Ausbau des Schiffsverkehrs in dieser arktischen Region werden. Und es wird das ebenfalls in der Region Tschukotka gelegene Atomkraftwerk Bilibinsk ersetzen, das 2021 vom Netz genommen werden soll. Bilibinsk ist das einzige russische Kernkraftwerk, das auf Permafrostboden gebaut ist. Und der wird vor dem Hintergrund der weltweiten Klimaveränderung zunehmend weicher.

Der 144 Meter lange und 30 Meter breite Schwimmkörper, der zwei Atomreaktoren mit einer Leistung von jeweils 35 Megawatt mit sich führt und 500 Millionen Euro kostet, soll 2020 den ersten Strom nicht nur für Pewek, sondern auch den Rayon Tschaunski liefern.

„Zu teuer und zu gefährlich“

Insgesamt, so Rosatom, lasse sich mit dem schwimmenden Kraftwerk eine Bevölkerung von 100.000 Menschen versorgen. Kritikern erscheint das Projekt bei einer Bevölkerung von gerade einmal 50.000 Menschen in Tschukotka überdimensioniert und teuer.

„Wir halten das Projekt für viel zu teuer und zu gefährlich“ erklärt Raschid Alimow von Greenpeace Russland gegenüber der taz. Auf Tschukotka gebe es genügend Potential für erneuerbare Energien. Russland hat viel vor in der entlegenen Region. Hier gibt es große Gold- und Kupfervorräte. Und gerade Kupfer wird in großen Massen für Elektroautos benötigt. In der Peschanka-Mine in Tschukotka werden 16.000 Tonnen Gold und 23 Millionen Tonnen Kupfer vermutet. 2021 soll die Förderung beginnen.

Es ist kaum zu erwarten, dass es der kleinen und zunehmend kriminalisierten russischen Anti-AKW-Bewegung gelingt, dieses Projekt in Pewek noch zu stoppen. Die Bewegung kämpft vielmehr um ihr Überleben.

Anfang vergangener Woche war Greenpeace-Sprecher Raschid Alimow kurzzeitig in St. Petersburg festgenommen worden. Der Vorwurf: Er habe mit einer Aktion vor dem Bahnhof von St. Petersburg gegen den Import deutschen Atommülls die öffentliche Ordnung verletzt.

Zuvor waren drei Aktivisten in Nowouralsk, dem Bestimmungsort des deutschen Atommülls aus Gronau, verhört worden, weil sie in Mahnwachen gegen den Import von Atommüll demonstriert hatten. Und die bekannte russische Umweltschützerin Alexandra Korolewa ist dieses Jahr aus Angst vor Kriminalisierung nach Deutschland geflohen.

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10 Kommentare

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  • Ist schon tragisch, dass die Kritik der Umweltorganisationen in Russland gegen dies schwimmende AKW unterdrückt und kriminalisiert wird..



    Aber? Zum Anderen ist, durch die Klimaveränderung verursache Abschmelzung des Eises in polaren Gewässern, die internationale Schiffahrt in der Region zunehmend ! Es hat sich schon vor Jahren gezeigt, dass die Abgase der Schiffe, primär durch Russ von Schweröl, das Eis dunkel färben. Wodurch das Abtauen des polaren Eises noch schneller geht! Das führte zur Entwicklung einer Flotte atomgetriebener Eisbrecher und zur Entwicklung von LNG betriebenen Frachtschiffen. Eindeutig ein ökologisches Dilemma , bedingt im Fehlen umweltverträglicher Technologien für Transportmittel..



    ..sog "Schwarzes Eis" , geschwärzt durch Abgase von fossilen Brennstoffen.. von Industrie und Kohlekraftwerken, Dieselmaschinen in Autos usw. ist keine Seltenheit in polaren Regionen..

  • Man darf gespannt sein ob die Entsorgung von dem Ding ohne westliche Hilfe gelingen wird.



    Allein für das Zwischenlager in der Sajda-Bucht ist Deutschland mit knapp 600 Mio. € engagiert. Die Aufräumarbeiten für die Deponie in der Andrejewa-Bucht werden auch nur mit internationaler Unterstützung und gigantischem Finanzbedarf zu bewältigen sein.

  • Die Entwicklung von Mini-Reaktoren ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft der Energieversorgung. Auch und gerade dann, wenn man CO2 Emissionen verringern möchte. Eine neue Generation von Reaktoren verbrennt Atommüll. Diese Technologien hat Deutschland leider verschlafen.

    • @Der Erwin:

      Haben Sie Quellen für diese kühne Behauptung. Meines Wissens nach ist Transmutation bislang ein Konzept das nur in der Therie oder allenfalls im Labormaßstab funktioniert und an dem Punkt wird der technologische Lösungsansatz von "wir erfinden da schon noch was" problematisch. Mit der gleichen Logik könnte man auch auf jegliche CO2-Reduktion pfeifen, denn dem Klimawandel lässt sich ja auch locker mit Terraforming begegnen, also theoretisch, vielleicht irgendwann einmal.

      • @Ingo Bernable:

        Was ist daran schwer zu verstehen? Eine neue Generation von Reaktoren wird mit Atommüll befeuert werden, und Deutschland kann diese nicht bauen.

        Nichts ist daran kühn, aber wir haben diese Technologie verpennt. Wir bauen ja nicht mal mehr konventionelle Kernkraftwerke...

        • @Der Erwin:

          Diese "neue Generation von Reaktoren" existiert aber auch im Ausland bislang nur auf dem Papier. Der belgische MYRRHA, der als Proof-of-Concept gebaut wird, wird frühestens in 10 Jahren in Betrieb gehen. Erst dann wird sich herausstellen ob die Theorie auch in der - technologisch anspruchsvollen - Praxis funktioniert. Und selbst wenn das funktionieren sollte wären längst noch nicht alle Probleme gelöst, etwa der Umstand, dass bei dem Verfahren große Mengen an Pollonium-210 anfallen, oder dass eben auch aus solch einem Reaktor kein kompostierbarer Bio-Müll herauskommt sondern ebenfalls eine strahlende Melange die per Wiederaufbereitung zerlegt werden muss und dass dabei u.A. Plutonium anfällt. Und Atommüll der bereits zu Kokillen verglast ist kommt für die Zerstrahlung in einem solchen Reaktor ebenfalls nicht in Frage.



          Vor dem Hingergrund aber, dass es auch in der Vergangenheit immer wieder geradezu phantastische Reaktorkonzepte gab die sich im Versuch dann doch als unpraktikabel erwiesen scheint auch bei dieser "neuen Generation" eine gute Portion Skepsis angebracht. Oder denken Sie an das Märchen das die Atomlobby von einem "geschlossenen Brennstoffkreislauf" erzählte, endlose, abfallfreie Wiederaufarbeitung und damit endlose "saubere" Energie. Die Überbleibsel dieser Utobpie stehen heute in einer Lagerhalle in Gorleben.

        • @Der Erwin:

          Insofern ist es eher ein Vorteil, dass über die Zukunft des Klimawandels zum wenigsten in Deutschland entschieden wird. Man kann hoffen, dass andere Länder offener gegenüber den neuen Technologien der Kernkraftnutzung sind.

  • Ach was! Lomonossow - wir sprachen doch grad drüber. Doch Doch.

    & Däh - “Immo­bilienflipping“ - liggers -



    de.m.wikipedia.org...house_marburg1.jpg



    de.m.wikipedia.org...t_Marburg_1741.jpg

    & Däh - paschd scho -



    “… Es soll ein Schlüsselinstrument beim Ausbau des Schiffsverkehrs in dieser arktischen Region werden.…“

    & Na - da schau her - wa.



    “…Lomonossow erklärte zudem ungefähr im Jahre 1750 als Erster die für Schiffe verhängnisvolle Natur der Eisberge richtig: Da die Dichte des Eises 0,92 g/cm³ beträgt (Dichte des Meerwassers 1,025 g/cm³), müssen sich 90 Prozent des Volumens der Eisberge unter der Wasseroberfläche befinden. Sein Studium in Deutschland und seine deutsche Frau sind wahrscheinlich der Grund dafür, dass der Universalgelehrte das Wort Eisberg (russisch: Айсберг, transkribiert Aisberg) in der russischen Sprache verankert hat.



    &



    1763 verfasste er die Denkschrift Kurzgefasste Beschreibung verschiedener Forschungsreisen auf den Nordmeeren und Angabe einer möglichen Durchfahrt auf dem Sibirischen Ozean nach Ostindien. Er gab genaue Anweisungen zur Ausrüstung und Durchführung einer Expedition zur Erforschung dieses Seewegs, der nach seiner Ansicht direkt über den Nordpol führen sollte. 1765, einen Monat nach Lomonossows Tod, fand diese mit drei Schiffen unter der Leitung von Wassili Jakowlewitsch Tschitschagow statt, traf aber westlich von Spitzbergen auf kompaktes Meereis und musste umkehren.“

    Aber Druschba Druschba - 🧐

    Noch während seiner Studienzeit in Freiberg entwickelte Lomonossow – ausgehend von den Ideen des russischen Dichters Trediakowski – ein neues Metrum für seine Dichtungen. Er propagierte Russisch als Unterrichtssprache und verfasste 1757 eine russische Grammatik, mit der die russische Schriftsprache grundlegend reformiert wurde. Diese Grammatik stellt eine Kombination von Kirchenslawisch und der damaligen russischen Umgangssprache.“

    kurz - Alles im Lack- …öh Packeis 😱