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das ding, das kommtRotes Sehnsuchtsobjekt

Für den Mars interessieren sich nicht nur Astronom*innen. Seine rote Farbe – dahinter steckt eisenoxidhaltiger Staub – hat ihm den Ruf eingebracht, er müsse etwas zu tun haben mit Gottheiten des Krieges; das klingt noch an im Wort „martialisch“. Und dort soll die Rettung für die Menschheit warten? Foto: esa/esoc/esa/dpa

Sicher gibt es gemütlichere Sehnsuchtsorte. Auf Anhieb fallen einem jedenfalls nur wenige – und dazu noch ausgesprochen traurige – Gründe ein, warum sich jemand bei durchschnittlich –55 Grad Celsius in den Staub setzen sollte. Neu ist die Idee, den roten Planeten zu besiedeln, trozdem nicht; Björn SC Deigners Stück „Mission Mars“ nimmt sie sich jetzt am Oldenburger Staatstheater vor.

In der Science-Fiction ist der Mars schon lange bewohnt, auch wenn der Mond zunächst näher lag – im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Beispiel die John-Carter-Geschichten von „Tarzan“-Erfinder Edgar Rice Burroughs: Das ging 1912 los, noch ohne die heute so populären Techno-Spekulationen, dafür mit diesem kolonialistischen Blick aufs All, der heute wieder en vogue zu sein scheint.

Deigner ist da bodenständiger. Sein Mars-Stück hat er als Writer in Residence am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst entwickelt. Und es geht ihm nicht so sehr um die technologische Machbarkeit solcher Siedlungen, sondern vor allem um uns hier unten: Im Austausch mit den interdisziplinär aufgestellten Wissenschaftler*innen aus Delmenhorst hat der Absolvent der Gießener Schmiede für Angewandte Theaterwissenschaften die Frage durchgespielt: Was wird aus den Errungenschaften irdischer Naturwissenschaften, wenn wir auf unseren äußeren Nachbarn umzögen. Was lässt sich übertragen, was nicht?

Nicht minder interessant und wahrscheinlich sogar drängender ist seine zweite Frage: Was stimmt eigentlich mit Menschen nicht, die sich eher auf das Überleben in verstaubter Minimalatmosphäre einstimmen als unseren heruntergewirtschafteten Planten wieder auf die Beine zu bringen?

Wie die meisten wichtigen Fragen ist das ein bisschen gemein. Aber es klingt doch mindestens fair, wenn sich nach dem weltgeschichtlichen Abwatschen der Religion – oder auch des Kommunismus – nun jemand der Heilsversprechen des anderen roten Sterns annimmt, sozusagen. Den Wissenschaften können reflektierende Gedankenspiele nur gut tun. Und sollten wir irgendwann tatsächlich umziehen: Dann schadet es nicht, auch über anderes nachgedacht zu haben, als nur über luftdichte Häuser, Energieversorgung und formschöne Schutzanzüge. Jan-Paul Koopmann

„Mission Mars“: Uraufführung, Fr, 10. 1., 20 Uhr, Oldenburg, Exerzierhalle (ausverkauft); nächste Termine: 15., 16. und 18. 1.

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