Kommentar von Johanna März zur Klimarettung: Zahnbürsten aus Bambus reichen nicht
Die gute Nachricht ist: Es scheint, als würden wir aufwachen. Wir wachen auf, wollen etwas verändern und kaufen Bambuszahnbürsten. Warum? Weil wir eine andere Zukunft wollen.
Schritt für Schritt realisieren wir, dass das klimapolitische Gewissen und die individuelle Verantwortung nicht nur zaghaft an unsere Türen klopft, sondern wie wild geworden mit beiden Fäusten hämmert.
Also öffnen immer mehr Menschen ihren kommenden Dauergästen – Gewissen und Verantwortung – die Haustür und stellen ihr Leben um. Verändern, was es zu verändern gibt.
Die unangenehme Wahrheit aber ist: Die Bambuszahnbürste wird uns nicht retten! Wir machen und tun, reißen uns den Arsch auf und am Ende ist unsere Tür zwar offen, aber insgesamt viel zu klein. Um nicht zu sagen bedeutungslos winzig.
Der Elefant im Raum – das, was jeder weiß, aber keiner ausspricht – sind die großen unglaublich massiven Türen. Die eiserne Tür der Global Player in den USA, China und Russland, die Schlosstüren der EU und die Bunkerluke des Deutschen Bundestages. Alle diese Türen bleiben mit Vorhängeschlössern verriegelt – noch. Denn der Klimaschutz hämmert genauso energisch gegen diese tresorhaften Wände wie auch an unser aller Haustüren.
Einerseits gibt es heute bemühte Menschen, die nach bestem Umweltgewissen leben und Verantwortung übernehmen, aber auf höheren Ebenen nicht mit entscheiden dürfen. Auf der anderen Seite stehen die Menschen, die auf politischer und wirtschaftlicher Ebene entscheiden könnten, aber zu wenig nachhaltige Ergebnisse liefern.
Damit stehen die mit den kleinen Türen vor einer großen Entscheidung: Gehen wir trotzdem in die Offensive für unsere Zukunft? Oder ziehen wir uns in die Komfortzone der Resignation und Frustration zurück?
21 Nachwuchsjournalist*innen, Aktivist*innen von Fridays For Future und Mitarbeiter*innen des Energiekonzerns EnBW hat die taz Panter Stiftung in die taz-Redaktion eingeladen. Sie produzierten fünf Tage lang diese vierseitige Beilage zum Thema „Klima“
Seit Fridays for Future wissen wir, dass es die Summe ist, die etwas bewirken kann. Denn viele kleine geöffnete Türen können zu einem großen Tor werden. Ob mit Konzepten wie Degrowth oder Green Growth oder ploggend mit Mülltüte in der Hand – nur, wenn wir es schaffen, Wirtschaft und Politik dazu zu bewegen, gemeinsam mit uns über unsere Zukunft zu entscheiden, wird die Bambuszahnbürste zur wirksamen Waffe.
Die Autorin arbeitet in der Online-Redaktion der Tageszeitung Die Rheinpfalz
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen