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PR-Kampagne von MourinhoNeue Liebe

José Mourinho ist seit Amtsantritt bei den Tottenham Hotspurs und arbeitet mit Eifer an seinem Image. Nächster Gegner ist der FC Bayern.

Spielerversteher: Mourinho präsentiert sich mit Heung-min Son von seiner besten Seite Foto: Paul Marriott/imago images

Ganz egal, wohin die Beziehung zwischen José Mourinho und Tottenham Hotspur führen wird – der 15 Jahre alte Callum Hynes wird immer diese besonderen Erinnerungen an den Trainer aus Portugal haben. Bei der Champions-League-Partie gegen Olympiakos Athen vor zwei Wochen leitete der Balljunge mit seiner Handlungsschnelligkeit das 2:2 durch Harry Kane ein und hatte damit seinen Anteil daran, dass die Nordlondoner 4:2 gewannen und sich schon vor dem finalen Gruppenspiel an diesem Mittwoch beim FC Bayern wie auch die Münchner den Achtelfinal-Einzug sicherten.

Mourinho erklärte den Balljungen danach öffentlich zum Helden und lud ihn vor dem folgenden Spiel in der Premier League gegen Bournemouth (3:2) zum Mittagessen mit der Mannschaft ein. Der Coach schuf damit eine Erzählung, die das Herz erwärmt. Eine, die so gar nicht zum Bild des arroganten und egozentrischen Misanthropen passt, das man in England spätestens seit seinem Aus bei Manchester United vor einem Jahr von Mourinho hatte.

Der 56 Jahre alte Trainer ist seit seinem Amtsantritt bei Tottenham vor drei Wochen gleich in mehrfacher Mission unterwegs. Er soll den kriselnden Klub für die Champions League kommende Saison qualifizieren und ihm mittelfristig Titel und Pokale bescheren. Gleichzeitig geht es ihm darum, seine Reputation wiederherzustellen. Zu diesem Zweck fährt Mourinho eine Charme-Offensive, wie sie der englische Fußball selten erlebt hat.

Der neue Mourinho gibt sich entspannt, selbstkritisch und bescheiden

Er preist seine Spieler, sogar von Liebe ist die Rede, lobt seinen Vorgänger Mauricio Pochettino, die Schiedsrichter und sogar den Komfort der klubeigenen Schlafgemächer („riesige Kissen, teure Bettdecken – so gut“). Besonders auffällig ist, mit welcher Hingabe er über die Zusammenarbeit mit jungen Profis spricht. Bisher galt der Portugiese als Trainer, der den Nachwuchs konsequent ignoriert.

Ein Muster an Bescheidenheit

Der neue Mourinho gibt sich entspannt, selbstkritisch und bescheiden, doch es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei seiner Verwandlung um eine riesige PR-Aktion handelt. Tottenhams Fans beobachten den Neuankömmling mit Vergangenheit beim Stadtrivalen FC Chelsea argwöhnisch, die englische Presse weist darauf hin, dass der Portugiese auch bei vorherigen Stationen gut gelaunt angefangen hatte, bevor er am Ende eine vergiftete Atmosphäre hinterließ.

So ganz kann auch der neue Mourinho die größenwahnsinnige Version seiner selbst nicht verbergen. Als er bei seinem Einstand auf Tottenhams Niederlage im Champions-League-Finale im Frühjahr gegen den FC Liverpool angesprochen wurde, antwortete er, dass er die Situation nicht nachempfinden könne – schließlich habe er seine beiden Königsklassen-Endspiele gewonnen, 2004 mit Porto gegen Monaco, 2010 mit Inter Mailand gegen den FC Bayern.

Im Grunde folgt Mourinhos Charme-Attacke konsequent seiner Logik, dass er alles für den schnellen Erfolg tut. Die Ergebnisse geben ihm bislang recht. In fünf Spielen unter seiner Regie holten die Spurs vier Siege. Im Vergleich zu Pochettino hat er nur kleinere Änderungen vorgenommen. Neben den schon vorher gesetzten Harry Kane und Heung-min Son sprach Mourinho in der Offensive Dele Alli und Lucas Moura das Vertrauen aus. Sie sind die größten Gewinner des Trainerwechsels.

Vor allem Allis Aufblühen deutet an, dass Mourinho noch über eine gewisse Magie bei der Menschenführung verfügt. Gleich nach seinem Amtsantritt fragte er das in der Stagnation begriffene Supertalent, ob er Dele Alli sei oder sein Bruder. „Dann spiel auch wie Dele“, appellierte Mourinho. Mit der Degradierung des wechselwilligen Christian Eriksen zum Ersatzspieler stellte der Trainer außerdem früh seine Macht unter Beweis.

Die Vorstellungen von Mou­rinhos Tottenham sind erstaunlich unterhaltsam, mit vielen Toren auf beiden Seiten. Beim 5:0 am Wochenende gegen Burnley, unter anderem durch ein sensationelles Solo-Tor durch Son, blieben die Spurs zum ersten Mal unter dem als Defensiv-Fanatiker bekannten Trainer ohne Gegentor. Es war die ideale Vorbereitung auf die Reise zum FC Bayern, gegen den es im Hinspiel bekanntlich ein 2:7 gesetzt hatte.

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