: Akademiker*innen ohne Perspektive
Lehrende in der Weiterbildung wollen mehr soziale Sicherheit. Die Politik verspricht nicht viel
Von Yasemin Fusco
In der Weiterbildung arbeiten Lehrende trotz hoher akademischer Ausbildung oft in prekären Verhältnissen. Lehrende arbeiteten überwiegend auf Honorarbasis und bei Krankheit müssen sie mit Verdienstausfällen rechnen. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) lud am vergangenen Mittwoch deswegen zur Diskussion unter dem Titel „‚working poor‘ für Lehrkräfte unter staatlicher Regie: Bestandsaufnahme – Was kann Hamburg tun?“ ein. Bildungspolitische Sprecher*innen der Hamburger Fraktionen SPD, Linke, Grüne und CDU und der Wissenschaftler Andreas Martin vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung diskutierten mit betroffenen Beschäftigten und der GEW über mögliche Lösungen.
Die bundesweite Interessenvertretung der Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache (DaF/DaZ) versuchte schon durch Gespräche mit Behörden und Politiker*innen aller demokratischer Parteien auf das Leid der Lehrenden in der Weiterbildung aufmerksam zu machen. Die Interessenvertretung DaF/DaZ hat sich 2016 in Hannover gegründet und zählt 41 Ortsgruppen in Deutschland. Das Bündnis beklagt eine zersplitterte Struktur in der Weiterbildung und fehlende Betriebs- oder Personalräte für die Beschäftigten in der Weiterbildung.
Prekär ist die Beschäftigung aus zwei Gründen: Honorarkräfte, die nirgends so stark vertreten sind wie in der Weiterbildung, bekommen einerseits keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Lehrkräfte, die nicht in Integrationskursen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) arbeiten, erhalten 35 Euro pro Unterrichtseinheit. Der Mindestlohn in der Weiterbildung liegt bei gut 38 Euro pro Unterrichtseinheit.
Andererseits gibt es prekär beschäftige Angestellte in der Weiterbildung mit befristeten Arbeitsverträgen, die nur für wenige Monate laufen. Angestellte Beschäftigte müssen 40 bis 50 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten wöchentlich arbeiten – Vor- und Nachbereitungen des Unterrichts werden bei beiden nicht extra bezahlt. Zum Vergleich: Lehrkräfte im öffentlichen Schuldienst arbeiten nur 25 Unterrichtseinheiten.
„Wir können nicht nachvollziehen, dass die Vor- und Nachbereitung nicht bezahlt wird“, sagt die GEW-Vorsitzende Hamburg, Anja Bensinger-Stolze. Die GEW fordert, dass Hamburg eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringt, die Tarifbindung bei öffentlich geförderten Aufträgen und Bildungsmaßnahmen festzuschreiben und darüber hinaus Ausfallhonorare im Krankheitsfall zu zahlen. Für Hamburg fordert die GEW ein Tariftreue-Gesetz, das festschreibt, dass nur noch freie Träger, die Tariflöhne zahlen, öffentliche Aufträge bekommen. Etwas, das Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auch für die Bundesebene fordert.
Die bildungspolitischen Sprecher*innen der Hamburger Fraktionen geloben alle, sich für die Belange der Lehrkräfte in der Weiterbildung einzusetzen: Kazim Abaci (SPD) etwa möchte sachgrundlose Befristungen bei angestellten Lehrkräften abschaffen und ein neues Vergabegesetz zur Tarifbindung. Olaf Duge (Grüne) möchte etwas für die soziale Absicherung aller Beschäftigten in der Weiterbildung tun. Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Linken, sagt, „die Schuldenbremse ist eine Entwicklungsbremse, auch in der Weiterbildung.“
Wissenschaftler Andreas Martin erklärt, dass eine Hauptberuflichkeit in der Weiterbildung nur schwer möglich sei und deshalb eine große personelle Fluktuation üblich sei. Das habe negative Folgen für die Qualität in der Weiterbildung. Allerdings gebe es laut Martin keine ausgeprägte Armut der Beschäftigten in der Weiterbildung, weil viele der Honorarkräfte von diesen Nebenverdiensten nicht leben müssten. Es gebe aber auch zu geringe verfügbare Arbeitszeitvolumina, um auf einen adäquaten Lebensunterhalt zu kommen.
Ein großes Thema der Diskussion: Die Integration in den allgemeinen Schuldienst ist schwierig für die Lehrkräfte in der Weiterbildung: Erst mit Zusatzqualifikationen, für die viel Zeit investiert werden muss, können Lehrkräfte aus der Weiterbildung in den allgemeinen Schuldienst wechseln. Für die Lehrkräfte, die bereits promoviert haben, ist das nicht nachvollziehbar.
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