piwik no script img

Die Wahlkämpferin Künast entgleist am ungarischen BalatonDeutsche, kauft deutsche Babypuppen

Wahlkampfzeiten sind immer auch Hochzeiten für Plattitüden und Populismus. Darf man deshalb aber alles? Verbraucherministerin Renate Künast hat uns am Wochenende aufgefordert, einen Beitrag für mehr Jobs in Deutschland zu leisten und deutsch zu kaufen. Babypuppen aus China oder Turnschuhe aus Vietnam gäbe es auch von deutschen Herstellern. Diese Aufforderung ist dumm, sinnlos und eine Bankrotterklärung.

Selbst wenn man Künast keine Nähe zu Nazi-Slogans à la „Deutsche, kauft nur bei Deutschen“ unterstellen will: Die Grünen sind einst auch mit dem Anspruch angetreten, die Armut in der „Dritten Welt“ zu bekämpfen. In Deutschland gekaufte Turnschuhe „Made in Vietnam“ sind die praktischste Form der Armutsbekämpfung. Dass sich eine für Konsum verantwortliche Politikerin aus der weltweiten Exportnation Numero eins für nationalen Protektionismus einsetzt, verdient keine andere Bezeichnung als: nationalistisch.

Natürlich hat Renate Künast recht: Nach der Währungsunion kauften DDR-Bürger lieber schöne Turnschuhe „Made in Western Germany“ als die Einheitstreter aus dem Beitrittsreich. Weil die Ostbetriebe auf ihren Produkten sitzen blieben, flogen deren Mitarbeiter auf die Straße. Auch damals warnten die Politiker allenthalben vor dieser Folge – erfolglos, wie man heute weiß. Künast müsste aber gar nicht die jüngste deutsche Geschichte bemühen, um die Sinnlosigkeit ihres Aufrufes zu bemerken: Sie selbst ruft seit Jahren zum Kauf von Bioprodukten auf – und wird von 98 Prozent der Verbraucher ignoriert.

Schlimmer ist, dass Künast durch ihre Entgleisung eine Bankrotterklärung abgegeben hat. Denn neben dem vietnamesisch kaufenden Wahlvolk ist natürlich auch die Wirtschaft schuld am Arbeitslosenstand. Künast hat offenbar das kleine Einmaleins der sozialen Marktwirtschaft vergessen: Profit, nicht Vollbeschäftigung heißt das oberste Ziel des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Die Aufgabe der Politik dagegen ist, beschäftigungsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Tipp für die gerade am Balaton urlaubende Grüne: Ferien auf Rügen oder im Bayerischen Wald sichern Arbeitsplätze in Deutschland. NICK REIMER

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen