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Ermittlungen im Fall Jeffrey EpsteinGefängniswärter angeklagt

Wärter hatten den inhaftierten US-amerikanischen Millionär nicht wie vorgesehen bewacht. Danach fälschten sie ihren Bericht.

Gerichtszeichnung vom 15. Juli: Epstein auf der Anklagebank und sein Verteidiger Martin Weinberg Foto: Zeichnung Elizabeth Williams via ap

NEW YORK ap/dpa | Zwei Gefängniswärter von Millionär Jeffrey Epstein sind wegen Dokumentenfälschung angeklagt worden. Die beiden hätten nicht wie vorgeschrieben jede halbe Stunde Epsteins Zelle kontrolliert, wo dieser schließlich am 10. August tot aufgefunden wurde, hieß es in der Anklageschrift, die am Dienstag öffentlich gemacht wurde. Um es so aussehen zu lassen, als hätten sie sehr wohl nach Epstein geschaut, fälschten sie demnach ihr Aufsichtsprotokoll. Die beiden bekannten sich nicht schuldig.

Epstein nahm sich laut Autopsie in der Zelle selbst das Leben. Er war in Untersuchungshaft, weil er über einen Missbrauchsring Mädchen und junge Frauen als Prostituierte vermittelt haben soll. Außerdem wurde er beschuldigt, Dutzende Frauen sexuell missbraucht zu haben. Wegen Verstoßes gegen das Prostitutionsgesetz in Florida war Epstein bereits vor mehr als zehn Jahren verurteilt worden und hatte 13 Monate im Gefängnis gesessen.

Laut der Staatsanwaltschaft saßen die beiden Wärter im Aufenthaltsraum nur fünf Meter von Epsteins Zelle entfernt, surften im Internet und schliefen sogar zwei Stunden lang, während sie eigentlich ihre Runden im Hochsicherheitstrakt des Metropolitan Correctional Centers in New York hätten drehen sollen.

Gefälschte Protokolle

Beide Wärter waren für Überstunden eingeteilt, die sie wegen chronischen Personalmangels immer wieder machen mussten. Dass in solchen Situationen Protokolle gefälscht werden, kommt auch in vielen anderen Gefängnissen in den USA vor. Der Anwalt eines der beiden Männer sagte, die beiden würden zu „Sündenböcken“ gemacht.

Für die US-Strafvollzugsbehörde war der Tod Epsteins ein peinlicher Skandal. Der prominente Häftling hatte nach einem offenkundigen Selbstmordversuch am 23. Juli eine Woche lang rund um die Uhr unter Beobachtung gestanden. Am 30. Juli wurde er auf eine Station verlegt, wo er psychologisch überwacht wurde. Zum Zeitpunkt seines Todes waren Checks alle 30 Minuten vorgesehen.

Der Tod des wohlhabenden Financiers mit einem Freundeskreis aus bekannten Persönlichkeiten ließ auch viele Verschwörungstheorien ins Kraut schießen. Denn wäre es zu einem Prozess gekommen, wären möglicherweise auch prominente Kunden seines Missbrauchsrings genannt worden. Unter anderem wird der britische Prinz Andrew beschuldigt, mit einem der Opfer von Epstein Sex gehabt zu haben. Er streitet das ab.

Andrew hatte vergangenes Wochenende dem britischen Sender BBC 2 ein Interview gegeben. Darin bekräftigte er, sich nicht an ein Treffen mit einer Frau zu erinnern, welche behauptet, im Alter von 17 Jahren zum Sex mit ihm gezwungen worden zu sein. „Ich habe keine Erinnerung daran, diese Dame jemals getroffen zu haben, überhaupt nicht“, sagte der Bruder von Thronfolger Charles.

Britische Medienkommentatoren wiesen nach der Veröffentlichung des Interviews darauf hin, dass Andrew nicht bestritten habe, mit der jungen Frau Sex gehabt zu haben, sondern nur darauf beharre, sich nicht an ein Treffen mit ihr zu erinnern. Der Prinz war jahrelang mit dem Geschäftsmann Epstein befreundet. Eines der mutmaßlichen Opfer von Epsteins Sexring behauptet, mehrmals zum Sex mit Andrew gezwungen worden zu sein. Der Royal weist dies strikt zurück.

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2 Kommentare

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  • Der magische Strick

    Laut taz vom 12. 8. 2019 hatte die „New York Times“ berichtet, „daß der ,Suicide Watch‘ Ende Juli aufgehoben wurde.“ In der „New York Post“ wird ein Ex-Gefangener des Spezialtrakts, in dem Epstein einsaß, mit der Feststellung zitiert, das dortige Standard-Reglement mache es unmöglich, sich zu erhängen. Alles werde getan, eine solche Geste undurchführbar zu machen: Die Bettwäsche sei „fein wie Papier“, die Deckenhöhe betrage mehr als 2,5 Meter, das Bett sei fest im Boden verankert und könne nicht bewegt werden, keinerlei harte oder gar metallische Gegenstände seien in den Zellen erlaubt, die Kontrollfrequenz durch Wärter betrage 9 Minuten usw. (zitiert nach „Le Huffington Post“, 11. 8.19)


    Irgendwie erinnert das alles an die „magische Kugel“ beim Kennedy-Mord...

  • nicht der gouverneur, nicht der stadtbürgermeister, nicht das privatunternehmen, welches das gefängnis betreibt, nicht der anstaltsleiter, nicht der schichtleiter ...

    nein, die beiden wärter im zellenblock sind diejenigen, die jetzt vor ihrem richter stehen.

    wegen mißachtung der dienstpflichten.