Schau zu den Brüdern Humboldt: Die Helden dürfen mal dämmern
Eine Ausstellung über „Wilhelm und Alexander Humboldt“ im Deutschen Historischen Museum will die beiden nicht nur verherrlicht sehen.
Was für ein Knaller zum Abschluss! Nach einem Jahr voller Lobhudeleien und Feierlichkeiten anlässlich des 250. Geburtstags Alexander von Humboldts – zwei Jahre zuvor war sein Bruder Wilhelm ausführlich gewürdigt worden – schien eigentlich alles gesagt zu sein. Nun zeigt das Deutsche Historische Museum (DHM) mit seiner am Donnerstag eröffneten Ausstellung „Wilhelm und Alexander Humboldt“ die Brüder in einem etwas anderen Licht. Nicht wie so oft als idealisierte Helden, die zu Vorreitern und -bildern für alles Mögliche stilisiert werden, was uns heute bewegt. Sondern als Menschen ihrer Zeit, mit all ihren Widersprüchen. Die Großartiges taten, aber auch manches, was heute mindestens Unbehagen bereitet – zum Beispiel Schädel rauben für anthropologische Forschungen.
Wie anders die Zeit war, in der diese erste Generation der Aufklärung aufwuchs, mit welchen Hilfsmitteln man kommunizierte, dachte, reiste, forschte und wie sich der Drang nach Wissen und Weltverstehen sogleich mit deren Ausbeutung verband, wird den BesucherInnen anhand zahlreicher Objekte beinahe körperlich erfahrbar gemacht. Teils spielerisch, etwa wenn man in einer „Geruchsecke“ mit der Nase erforschen kann, wie es in Höhlen und Bergstollen riecht, in denen sich Alexander gern getummelt hat (dezent muffig), oder auf Vulkanen, die er bestieg (nach Asche mit Blume). Teils künstlerisch-visuell, etwa wenn man in den Details des Berlin-Panoramas von Eduard Gaertner versinkt und – als ob man selbst auf dem Dach der Friedrichswerderschen Kirche stünde – den Blick über die Stadt um 1830 schweifen lässt.
Wer sich die Mühe macht und tiefer in die Bedeutung der Objekte einsteigt, kann dabei originelle Bezüge finden. So illustriert ein Pferdekopf der Quadriga vom Brandenburger Tor zunächst die „Franzosenzeit“, steht aber auch, wie Kuratorin Bénédicte Savoy erklärt, für „die erste große Restitutionsdebatte“ – den Streit über die Rückgabe von unter Napoleon in ganz Europa geraubten Kunstschätzen. Und die sollte man kennen, so die Kunsthistorikerin, wenn man in der aktuellen Debatte über die Rückgabe von geraubten außereuropäischen Kulturgütern nicht wieder „bei null anfangen will“.
Zu der insgesamt gelungenen Schau kann man also nur gratulieren – und damit vor allem zu der Wahl Savoys, der wohl exponiertesten Kritikerin des Humboldt Forums im Schloss schräg gegenüber, als Kuratorin, neben dem Kunsthistoriker und Humboldt-Forscher David Blankenstein. Das ist für eine staatstragende Institution wie das DHM nicht selbstverständlich. Aber es hat sich gelohnt.
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