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Der Uranpoker geht weiter

Iran weist europäische Vorschläge im Atomkonflikt zurück und fährt die Urananreicherungsanlage in Isfahan wieder an. Heute Sondersitzung der IAEO

VON BAHMAN NIRUMAND

Teheran hat die am Freitag von den drei EU-Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien vorgelegten Vorschläge zur Lösung des iranischen Atomkonflikts abgelehnt. Das EU-Trio hatte Iran umfassende wirtschaftliche Zusammenarbeit und gewisse politische und militärische Sicherheiten angeboten und im Gegenzug Iran aufgefordert, dauerhaft auf die Herstellung von Brennstoff und die Anreicherung von Uran zu verzichten.

Gholamreza Aghazadeh, Chef der iranischen Atombehörde, bezeichnete die Vorschläge als „eine Erniedrigung des iranischen Volkes“. „Wir haben uns niemals vorstellen können, dass die EU nach anderthalbjährigen Verhandlungen uns solche Vorschläge vorlegt“, sagte Aghazadeh. Sie seien zum Teil „billig und kleinlich“. Zum Beispiel hätten die Europäer angeboten, im Falle eines Angriffs auf Iran durch eine Nuklearmacht den UNO-Sicherheitsrat um Hilfe für Iran zu bitten. „Das ist ihr Angebot im Bezug auf militärische Sicherheit“, sagte Aghazadeh. Den Europäern sollte nach den langen Verhandlungen klar sein, dass Iran entschlossen sei, die eigene Atomtechnologie weiter zu entwickeln. Dazu gehöre auch die Anreicherung von Uran. „Wir wollen den gesamten Brennstoffkreislauf, darauf werden wir um keinen Preis verzichten.“

Wie zuvor angekündigt hat Iran am Montag die seit November 2004 gestoppte Arbeit in der Atomanlage von Isfahan wieder aufgenommen. Zuvor hatten Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde dort Überwachungskameras angebracht. In Isfahan wird Roh-Uran zu Uranhexafluroid umgewandelt. Dieses Gas kann in Zentrifugen in angereichertes Uran ungewandelt werden, das je nach Grad der Bearbeitung zum Bau von Atomwaffen verwendet werden könnte. Während Iran immer wieder betont, die Atomenergie ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzen zu wollen, sind die USA und Israel davon überzeugt, dass Iran den Bau der Atombombe plant. Israelische Geheimdienstler behaupten, das Land sei 2007 in der Lage, Atombomben herzustellen.

Die EU hatte gedroht, sollte Iran die Aktivitäten in Isfahan wieder aufnehmen, die Verhandlungen zu beenden und den UNO-Sicherheitsrat anzurufen, der Sanktionen gegen Iran beschließen könnte. Deutschland, Frankreich, Großbritannien haben für heute eine außerordentliche Sitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) einberufen. Dabei soll über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Diese Ankündigung bereite Iran „keine Sorgen“, sagte der iranische Außenamtssprecher Hamid Reza Assefi. Er betonte den Wusch Irans, weiterhin die Verhandlungen mit der EU fortzusetzen. „Sollten aber die Europäer kein Interesse mehr haben, mit uns zu verhandeln, werden wir unsere eigenen Wege gehen.“

Indes hat die neue Regierung von Mahmud Ahmadinedschad den ultrakonservativen Ali Laridschani zum neuen Chefunterhändler Irans für Atomangelegenheiten ernannt. Er wird Nachfolger des als moderat bezeichneten Hassan Rohani. Der 48-jährige Laridschani war jahrelang Chef des staatlichen Rundfunks und Fernsehens. Er hatte bei den Wahlen im Juni für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert, war jedoch in der ersten Runde ausgeschieden. Laridschani war in letzter Zeit entschieden für die Wiederaufnahme der Urananreicherung eingetreten und hatte die Reformregierung unter Mohammed Chatami wegen Verhandlungen mit der EU über ein umfassendes Wirtschaftsabkommen kritisiert.

Das Pokerspiel geht weiter. Die radikal-islamistische Regierung von Ahmadinedschad scheint entschlossen, auf dem Recht der Urananreicherung zu beharren und alle damit verbundenen Risiken in Kauf zu nehmen. Zumal sie damit rechnet, dass die beiden ständigen Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat, Russland und China, wegen ihrer umfangreichen Wirtschaftsbeziehungen zum Iran Sanktionen gegen das Land ablehnen würden. Ein militärischer Angriff seitens der USA wird in Teheran in Anbetracht der Lage im Irak für unwahrscheinlich gehalten.

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