Voyager 2 am Rand der Heliosphäre: Sonnensystem zeigt klare Kante
Die Raumsonde Voyager 2 hat ermittelt, dass unser Sonnensystem eine exakt definierbare Grenze hat. Die Nasa verleitet das gleich zur Poesie.
Die Heliosphäre der Sonne ist wie ein Schiff, das durch den interstellaren Raum segelt. Schreibt die Nasa. Als wäre das Weltall ein tosender Ozean, als wären die Menschen die Bordmäuse in der Speisekammer einer wankenden Barke. Die Heliosphäre ist derjenige Raum um unseren Mutterstern, der noch von ihm geprägt ist, vom Echo seiner Strahlung.
Anlass zu obiger Betrachtung der Dinge gibt der amerikanischen Raumfahrtbehörde ihre Raumsonde Voyager 2, die bereits im vergangenen Jahr die Grenzeunseres Sonnensystems erreicht hat und mittlerweile 18,27 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt durch den Raum gleitet. Den Raum zwischen den Sternen.
Die Sonde verrichtet ihre Arbeit, ebenso wie ihre Schwestersonde Voyager 1. Sie messen und messen. Magnetfelder, elektromagnetische Strahlen, Plasma aus Wasserstoff- und Heliumkernen; und sie senden und senden zu uns.
Fast 17 Stunden brauchen die Voyger-2-Signale mittlerweile, obwohl mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Die von Voyager 1 sogar über 20 Stunden. Möglich ist das nur, weil sich an Bord eine Batterie mit allmählich zerfallenden 4,5 Kilogramm Plutonium 238 befindet, das aus einer Waffenfabrik stammt. Jetzt haben Wissenschaftler*innen die Daten vom vergangenen Jahr umfassend ausgewertet und das getan, was Mensch tut: Grenzen definiert.
Pups im Badewasser
Für kosmische Verhältnisse relativ abrupt ändere sich die Zusammensetzung des Plasmas, das von der Sonne abgestrahlte schwäche sich ab. Stattdessen übernehmen Reste von finalen Explosionen längst verloschener Sterne oder gar des Urknalls selbst.
Das Zeug zwischen den Sternen ist dabei dichter und kälter als unsere Heliosphäre, hat die Nasa herausgefunden, was die Metapher zum Einstieg aber etwas schräg erscheinen lässt. Physikalisch exakter wäre: Die Heliosphäre der Sonne ist wie ein Pups, der durch erkaltetes Badewasser aufsteigt.
Wobei, was heißt schon „dichter“? Der Raum da draußen ist so gut wie leer. Dicht heißt hier maximal einige tausend Atome pro Kubikzentimeter Raum, das ist nur knapp mehr als nichts. Außerdem bleibt das den Raum durchmessende Magnetfeld innerhalb und außerhalb der vermeintlichen Grenze zwischen dem Reich der Sonne und dem Reich des Raumes gleich. Das sei ein Mysterium, schreibt die Nasa. Statt eine Grenze auszurufen, hätte sie tröstendere Metaphern finden können: Die Heliosphäre der Sonne und den interstellaren Raum verbinden zarte Bande aus nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!