piwik no script img

Kommunalwahl in KolumbienErste offen lesbische Frau im Amt

Die Hauptstadt Bogotá wird künftig von einer Frau regiert. Ihre Homosexualität verheimlichte Claudia López nie – ein Novum für ganz Lateinamerika.

Die neue Bürgermeisterin von Bogotá Claudia Lopez Foto: Luisa Gonzales/reuters

BOGOTÁ taz | Als erste Frau wurde Claudia López (49) am Sonntag zur Bürgermeisterin der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá gewählt. Sie setzte sich mit rund 35 Prozent der Stimmen gegen den liberalen Politiker Carlos Fernando Galán durch. Das zweitwichtigste Amt Kolumbiens könnte ein Sprungbrett für eine künftige Präsidentschaft sein – López' erklärtes Ziel.

López' Aufstieg war rasant: Erst vor fünf Jahren ging sie in die Politik und wurde Senatorin für die Mitte-links-Partei Alianza Verde. Zuvor hatte sich die Journalistin mit Recherchen zur Parapolitik einen Namen gemacht: Viele Politiker, die mit Paramilitärs unter einer Decke steckten, kamen ihretwegen ins Gefängnis. 2013 musste López deshalb aus Sicherheitsgründen zeitweise das Land verlassen. Sie lebt bis heute mit Personenschutz.

Der Kampf gegen Korruption und Ungleichheit zieht sich durch ihre Karriere. Zusammen mit ihrer Lebensgefährtin, der Senatorin Angélica Lozano, initiierte López 2018 den Anti-Korruptions-Volksentscheid. Mit 11 Millionen Stimmen verfehlte er knapp das Quorum, bewirkte aber eine breite gesellschaftliche Debatte.

Sie musste sich durchkämpfen, wie sie gern betont

Claudia López hat kurze Haare, ist sehr direkt und spricht laut – ein ungewöhnliches Auftreten für eine Frau in Kolumbien. „Gritona“ wird sie regelmäßig geschimpft, Schreihälsin. Den einflussreichen ehemaligen Präsidenten und jetzigen Senator Alvaro Uribe nannte sie im Kongress einen „Blutsauger“, als er sich einer Debatte über seine mutmaßlichen Verstrickungen mit Paramilitärs entziehen wollte. Sie hat mehrere Gerichtsverfahren überstanden, in denen sich Politiker gegen ihre Aussagen wehren wollten.

Gegen Korruption und Ungleichheit

López stammt aus keiner der reichen Politiker-Dynastien. Sie wuchs als älteste von sechs Geschwistern in einfachen Verhältnissen in Bogotá auf, ihre Eltern arbeiteten hart. Auch sie musste sich durchkämpfen, wie sie gern betont. Dank Stipendien und Krediten konnte sie studieren und promovierte schließlich in Politikwissenschaften an einer Universität in den USA.

López' Ziel ist ein besseres, kostenloses Bildungssystem für Bogotá. Gegen Dauerstau und Luftverschmutzung in der Stadt mit über 7 Millionen Einwohnern setzt sie auf die überirdische Metro. Die soll nach über 60 Jahren Debatte ab 2020 gebaut werden. Ihr Vorgänger Enrique Peñalosa hatte den Vertrag mit der chinesischen Baufirma vorbereitet. Vor allem will López aber gegen Gewalt, Korruption und Ungleichheit vorgehen. Damit eckt sie bei den konservativen Eliten ebenso an wie mit ihrer Homosexualität.

Aus der hat sie nie ein Geheimnis gemacht. López schickt ihrer Lebensgefährtin regelmäßig öffentliche Liebesbotschaften. Auch ihr Hund Lucky wird so bedacht, was ihr bei den tierlieben Kolumbianer*innen wohl einige Sympathiepunkte einbrachte.

Dass eine Frau in Bogotá siegte, war am Sonntag in Kolumbien ein größeres Thema als López' Homosexualität. Das Foto des innigen Kusses mit ihrer Partnerin bei der Siegesfeier wird wohl trotzdem in die kolumbianischen Geschichtsbücher eingehen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare