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Aus für nigerianischen Film bei OscarsOscar für Geschichtsvergessenheit

Mit der Komödie „Lionheart“ hat Nigeria zum ersten Mal einen Film bei den Oscars eingereicht. Weil er auf Englisch ist, wurde er nun nicht zugelassen.

Schauspielerin und Regisseurin Genevieve Nnaji in „Lionheart“ Foto: Netflix

Es gibt einleuchtende Gründe und weniger einleuchtende, warum Filme einen Preis bekommen oder nicht. Weniger einleuchtend ist, dass ein Film nicht bei den Oscars zugelassen wird, weil die Figuren darin Englisch sprechen.

So ergeht es gerade der nigerianischen Komödie „Lionheart“, die in der Kategorie „Internationaler Film“ antreten wollte. Die „Academy“ hat dem Produktionsteam des Films am Montag per Mail mitgeteilt, der Film verstoße gegen die Richtlinien ebendieser Kategorie. Internationale Filme müssten aus „überwiegend nicht englischen Dialogen“ bestehen, bei „Lionheart“ wird aber mehrheitlich Englisch gesprochen. Weil die Regeln aber so sind, wie sie sind und weil „Lionheart“ außerdem als ausländischer Spielfilm nicht an anderen Kategorien teilnehmen kann, ist er nun also raus aus den Oscars.

Das kann einen aus vielen Gründen ärgern. Etwa weil damit einer der wenigen eingereichten afrikanischen Filme ausgeschlossen wird, einer der wenigen Einreichungen überhaupt, die inmitten einer weißen, männlichen Hollywood-Filmlandschaft von einer Schwarzen Regisseurin gedreht wurden.

Ärgerlich ist aber vor allem, dass die Regeln der Academy die koloniale Geschichte ausblendet. Schließlich war Nigeria britische Kolonie, Englisch ist Amts- und Verkehrssprache. „Dieser Film repräsentiert die Art, wie wir in Nigeria sprechen“, reagierte die Regisseurin Genevieve Nnaji auf Twitter und fügte hinzu: „Wir haben uns nicht ausgesucht, wer uns kolonialisiert hat.“

Nollywood und Netflix

Eigentlich war die internationale Kategorie im April umbenannt worden, von „Best Foreign Language Film“ zu „Best International Feature Film“ – um ein „inklusives Bild des Filmemachens“ zu fördern, sagen die Zuständigen. Geändert hat sich allerdings nichts, die Sprache ist weiter ausschlaggebend. Der verzerrt westliche Blick bleibt: Ausland ist gleich Fremdsprache.

Nur, braucht ein Film wie „Lionheart“ die Oscars überhaupt? Nollywood, die nigerianische Filmbranche, ist gemessen an der Anzahl produzierter Filme längst größer als Hollywood. Ein breites globales Publikum bekommt der Film durch Netflix sowieso. Und Filmpreise verleiht Nigeria selbst, nämlich die Africa Movie Academy Awards, schon seit 2005. Wahrscheinlich ist das Problem bloß, dass wir – der globale Norden, Europa – immer nur auf die Oscars schauen.

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4 Kommentare

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  • Kommentar entfernt. Bitte keine Beleidigungen und Unterstellungen. Danke.

    Die Moderation

  • Weniger der "westliche" Blick, als der USA-Blick – man möchte sich gute, nicht US/UK-Produktionen vom Hals halten.

  • Da sieht man mal wieder, dass Regeln an der Realität vorbeischrammen. Wie vielen Filmen aus dem Vereinigtem Königreich ist das schon geschehen?

  • Wie es scheint, produziert Nigeria inzwischen nicht nur quantitativ viele Filme, wie auch qualitativ gute.



    Kinos / Filmverleiher in Deutschland und anderswo sollten sich auf diese neue Vielfalt einstellen und mehr Filme aus Afrika und Asien ins Programm nehmen.