piwik no script img

im haifischbecken16 Kündigungen – oder doch nur 3?

In Kreuzberg kämpfen Mieter gegen Vermieter mit hohem Eigenbedarf

Die kleinen Fische: Seit 2010/11 bekommen die Mieter*innen in der Reichenberger Straße 73 in Kreuzberg Kündigungen vom Hauseigentümer, zu einem großen Teil mit Eigenbedarf begründet. Der Vermieter berichtet der taz per E-Mail von drei Kündigungen in den vergangenen neun Jahren. Bei einer Kundgebung der Hausbewohner*innen am vergangenen Samstag war dagegen die Rede von 16 Kündigungen. Laut dem Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ sollen davon mindestens 6 mit „Eigenbedarf“ begründet gewesen sein. Schon am 27. März 2014 war eine Wohnung im Haus zwangsgeräumt worden. Dabei hatte eine fünfköpfige Familie das Haus verlassen müssen (taz berichtete). Nachbar Kay (Name geändert) sagte der taz, dass die Familie den Prozess gegen die Kündigung zwar gewonnen hatte, aber nicht mehr in die Wohnung zurückkehren konnte. Am 26. 10. gab es vor dem Haus Nummer 73 eine Kundgebung, weil aktuell wieder zwei Kündigungen anhängig sind. Anwesend waren unter anderen die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram (B90/Grüne) und die Musikerin Christiane Rösinger mit einem Chor. Ihre Meinung zu Eigenbedarfskündigungen ist klar: Sie will diesen Kündigungsgrund gesetzlich verbieten lassen.

Der große Fisch: Im Jahr 1995 kaufte Immobilienbesitzer Ernst Brenning das Haus. Bren­ning ist stellvertretender Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Lilienthal. Nachbarn zufolge wohnt eine seiner Töchter in dem Haus. Der taz gegenüber erklärte Brenning, dass er und seine Familie, an einem friedlichen Zusammenleben sehr interessiert seien.

Wer frisst hier wen? Die Mieter*innen organisieren Veranstaltungen und machen mobil. Es gab in den vergangenen zwei Monaten zwei Kundgebungen. Über die zwei aktuellen Kündigungen verhandelte am Mittwoch das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Eine wurde abgewiesen, die zweite Entscheidung wurde vertagt. Jurek Hartung

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen