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Neubau nach dem MietendeckelNie mehr Großbaustelle?

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die Immobilienlobby klagt über den Mietendeckel in Berlin. Ihre Drohung, jetzt werde nicht mehr gebaut, ist aber haltlos.

Einst die größte Baustelle Europas: der Potsdamer Platz in den 1990er Jahren Foto: dpa

F ahrpreissenkungen führen nicht zu mehr U-Bahn-Zügen. Die Erhöhung des Mindestlohns bringt nicht mehr Jobs. Und, aktueller Champion der Sinnlos-Sätze: Der Mietendeckel schafft keine neuen Wohnungen. Es ist nicht verwunderlich, dass sich diese nur formal richtige, aber ansonsten auf Verwirrung setzende Aussage in einem offenen Brief von 23 Verbänden und Einzelpersonen der Bau- und Wohnungswirtschaft an den Berliner Senat wiederfindet. „Der Neubau wird entgegen Ihrer Erwartungen im Senat nicht angekurbelt“, heißt es da.

Nun soll der Mietendeckel gar keine neuen Wohnungen schaffen, sondern die Exzesse am Wohnungsmarkt beenden. Dass das Neubauvolumen deswegen abnehmen wird, ist ein gern bemühtes, aber wenig nachvollziehbares Argument. Es ist allein der Neubau, der von den strengen Mietbeschränkungen des Deckels ausgenommen wird. Nur hier lassen sich die nächsten Jahre noch dicke Profite erzielen. Davon abgesehen: Die großen Konzerne, ob Deutsche Wohnen oder Akelius, bauen schon bislang so gut wie keine Wohnungen. Stattdessen versuchen sie ihren Bestand zu vergolden.

Dass die Genossenschaften wesentlich weniger bauen werden, wie Maren Kern vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen prophezeit, ist auch nicht nachvollziehbar. Der „atmende Deckel“, der ab übernächstem Jahr Mieterhöhungen von 1,3 Prozent ermöglicht, ist eine Konzession an deren Wirtschaftlichkeit.

Insgesamt warten im Moment etwa 55.000 Wohnungen in der Stadt darauf, gebaut zu werden – ihre Genehmigungen sind schon erteilt. Die Angst der Handwerks­innungen, die den Brief mit unterschrieben haben, ist unbegründet – die Aufträge gehen so schnell nicht aus. Mit einer Ausnahme: Weil eine viel teurere Wiedervermietung nicht mehr drin ist, wird es wohl weniger umfassende Luxussanierungen geben. Das aber ist genau so gewollt.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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6 Kommentare

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  • Wer glaubt denn, dass der Mietendeckel in 5 Jahren Geschichte sein wird?



    Das wäre ja wirklich mal was neues.



    Aber weil das keiner glaubt, und der Neubau von 2019 dann auch unter den neuen Mietendeckel fallen wird, wird keiner mehr bauen.



    Also ich würde das jedenfalls nicht tun.



    Vertraut da jemand darauf, dass die das nicht machen werden, und verwettet da Haus und Hof drauf?

  • Es muss ja nicht unbedingt in Berlin gebaut werden.



    www.boerse-stuttga...191022_immobilien/

  • Sehr geehrter Herr Peter,



    Sie stellen die These auf, die "Drohung, jetzt werde nicht mehr gebaut, ist aber haltlos."



    Sie liefern keine einzige Begründung für Ihre These. Sie behaupten einfach, es würde weiter gebaut. Ihr Kommentar ist ohne Inhalt und wertlos.

    • @Herr-S:

      Bei Ihnen gibt es zwei Möglichkeiten.



      1.) Sie wollen es nicht glauben, deshalb können Sie es im Text nicht finden und sowieso kann Ihnen keiner was anderes erzählen, als das was Sie sowieso schon denken.



      2) Klassische Kommunikationstechnik im "Propagandakampf" Man glaubt es ja kaum. Aber inzwischen sind ganze Armeen auf dem Ticket unterwegs. Ganz professionell.

      Denn in Wahrheit ist Ihr Kommentar ja die reinste Verwirrung.

      Selbstverständlich liefert der Text einen Nachweis darüber das die Drohung "jetzt wird nicht mehr gebaut" haltlos ist. Da wäre: Neubau ist vom Mietendeckel ausgenommen.



      Und: Faktisch gibt es keinen Rückgang beim Neubau. Vielleicht sollten sich die Leute auch einfach mal darauf verlassen was sie überall in der Stadt im echt analogen Leben sehen. Helfen Sie mir, was sehen wir? Keine Baustelle?



      Aber das meiste was gebaut wird ist eben nicht das was 2/3 der (Stadt)Gesellschaft als Durchschnittsverdiener brauchen.



      Was ich so niederschmetternd finde: Selbst der reaktionärsten Marktgläubigen sollte doch kapieren: Wer Bitteschön soll denn den "Markteilnehmern" in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen als Korrektiv gegenübersitzen? Einer der gleich sagt: Macht was ihr wollt, ich bin dafür?



      Was ist denn das für eine Ansicht von politischer Vertretung?

  • 0G
    07301 (Profil gelöscht)

    Wie viel von den 55.000 Wohnungen werden denn jetzt tatsächlich gebaut? Die Wohnungen werden noch sehr lange auf die Errichtung warten.

    Dass kein Normaldenkender in Berlin mehr Mietwohnungen bauen wird, liegt doch auf der Hand. Die einzigen, die dies machen, sind die Verpflichteten landeseigenen Gesellschaften. Die haben es (leider) nicht geschafft, ausreichend Wohnraum zu schaffen.

    • @07301 (Profil gelöscht):

      Was Sie "normal denkend" nennen ist seit über 30 Jahren ökonomisches Rezept und politisch-gesetzgeberische Begleitung. Halt so ein Mantra. Keine kommunistische, noch sozialistische Partei stellte die Regierung noch verabschiedete sie Gesetz und Verordnung. Ihre Argumentation gelingt nur, wenn Sie politisch schlicht ignorieren (wollen) das die volkswirtschaftlichen Rezepte die mit dem Mieterdeckel angegriffen werden, für die letzten 30 Jahre verantwortlich sind. Bei gleichzeitiger Ignoranz das diesen Rezepten 1.) Das untere Drittel der Gesellschaft völlig wurscht ist. 2.) Die realen Interessen von Zweidrittel der Gesellschaft nicht zählen. Selbstverständlich ist die Privatisierung der Rente auf der Basis einer Wette das Immobilienpreise und Mietpreise steigen, nicht "Normal Denkend" sondern einfach eine volkswirtschaftliche Katastrophe. Halt so ein Rezept. Es ist falsche Politik. Die ihre Falschheit nach 20 Jahren neoliberaler Experimente eindrucksvoll unter Beweis stellt. Volkswirtschaft ist halt nichts für die ganz Bequemen, ganz Dummen, die meinen man müsste bloss Betriebswirtschaftslehre können.