Kaija Kutter über die Betreuungsfrage: Es geht noch besser
Ohne Frage, Hamburgs Kita-System hat einige Pluspunkte. Schon seit 15 Jahren haben hier berufstätige Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder. Die Halbstagsbetreuung und ein Mittagsessen sind zudem kostenlos, und seit Jahren erhalten Kitas in ärmeren Stadtteilen mehr Personal.
Doch die Personalschlüssel insgesamt sahen in all diesen Jahren nicht gut aus. Die Pressemitteilungen für die jährlich wiederkehrenden Monitor-Vergleiche konnten Oppositionsparteien eigentlich gleich in der Schublade parken. Eine Besonderheit in Hamburg ist, dass das 2004 eingeführte „nachfrageorientierte“ Gutscheinsystem zwar viel Flexibilität bietet, aber den Kitas nur stundenscharf für genau die Zeit Erzieher finanziert, in der auch Kinder betreut werden. Das sperrige Thema der „mittelbaren Pädagogik“, also Zeit, die Fachkräfte brauchen, um mit Eltern zu reden, Beobachtungen zu dokumentieren, Fachliteratur zu lesen oder Bildungsangebote vorzubereiten, ist seither ungelöst.
Vor zwei Jahren brachten Erzieherinnen im Kita-Netzwerk noch mal viel Kraft auf, um mit einer Volksinitiative die echte Finanzierung dieser Arbeit und bessere Schlüssel durchzusetzen. Das Ergebnis war ein Kompromiss mit dem Senat, bei dem die erste Forderung auf der Strecke blieb.
Der jetzt anvisierte Krippenschlüssel von eins zu vier im Jahr 2021 ist besser als der Status quo. Doch die Stadt kann ruhig noch mehr Geld für Kitas ausgeben. Hamburg wächst, Familien bleiben gern hier wohnen und zahlen Steuern. Sinnvoller als in gute Kinderbetreuung kann der Staat kaum investieren. Kinder, die eine gute persönliche Ansprache in der Kita erhalten, sind auch gut in der Schule. Die niedrige Quote an Schülern ohne Abschluss ist ein Fingerzeig dafür.
Und auch für die Erzieher-Ausbildung muss etwas getan werden, da sind sich die Bertelsmann-Stiftung und die Linke offenbar einig. Denn Geld allein hilft nicht, wenn die Menschen fehlen, die in den Kitas arbeiten. Über 750 Fachkräfte, so hört man, verlassen ohnehin Jahr für Jahr dieses Berufsfeld.
Die Stadt hat die Ausbildungskapazität erhöht und auch für Schüler mit Erstem Schulabschluss geöffnet. Dennoch brechen viele die Ausbildung ab, auch aus finanziellen Gründen, wie eine Schülersprecherin im Sommer auf einer Veranstaltung der Linken vortrug.
Wer einen gesellschaftlich so wichtigen Beruf erlernt, sollte das bezahlt bekommen.
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